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Geschichte von Bedürfnisanstalten:
Mein Café, das hat acht Ecken

Was hat acht Ecken und Platz für sieben? Ganz klar: Die öffentlichen Bedürfnisanstalten aus der Kaiserzeit, von denen einige die Zeiten überdauert haben. Im Wedding gab es zuletzt zwei, inzwischen nur noch eine. Wir verraten euch, was es damit auf sich hat.

Männer und Jungs, die an Bäume oder Häuserwände pinkelten, waren schon im Kaiserreich ein öffentliches Ärgernis. So ließ der Berliner Polizeipräsident Guido von Madai um 1870 erste öffentliche Pissoirs aufstellen. 1879 wurden diese aber durch den damals modernsten Typ namens "Waidmannslust" ersetzt - das erste Exemplar stand damals auf dem Weddingplatz. Der Bautyp besteht aus sieben gusseisernen Wandsegmenten. An der Stelle der achten Wand ist der Eingang, die achte Wand steht als Sichtschutz davor. Zur Lüftung gibt es oben eine offene achteckige Lüftungshaube. Schnell hatten die - ausschließlich Männern vorbehaltenen - Pissoirs ihren Berliner Spitznamen weg, nämlich Café Achteck. Zwar sind sie auch nicht gerade geruchsfrei, dafür sind sie ans Wassernetz angeschlossen. Bis 1997 war die BSR für ihren Unterhalt zuständig, danach gingen sie in die Unterhaltspflicht der Wall AG, die auch die modernen, meist kostenpflichtigen City-Toiletten betreibt.

So nostalgisch und ästethisch die "Café Achteck"- Toiletten heute anmuten, hatten sie früher auch einen wichtigen hygienischen Effekt. Denn viele arme Berliner hatten kein eigenes Klo mit Wasserspülung, sondern mussten sich dieses auf halber Treppe mit anderen Hausbewohnern teilen. Und um ein Bad zu nehmen oder zu duschen, gingen sie in Stadtbäder, in denen es Badewannen gab. Das Stadtbad Wedding in der Gerichtstraße ist inzwischen leider verschwunden.

Foto: A. Savin (Wikipedia)

Wo könnt ihr ein Café Achteck im Wedding finden? Früher gab es eines an der Ecke Malplaquetstraße / Utrechter Straße. Heute ist nur noch eines am Pekinger Platz (an der Kreuzung zwischen Nordufer und Kiautschoustraße) zu finden.

weddingweiserredaktion

Die ehrenamtliche Redaktion besteht aus mehreren Mitgliedern. Wir als Weddingerinnen oder Weddinger schreiben für unseren Kiez.

5 Comments

  1. Auch in der Ackerstraße, etwas versteckt am Gartenplatz, stand in den Nullerjahren noch ein solches gusseisernes Teil. Zehn Jahre zuvor auch noch unter der Schwindsuchtbrücke im Kreisverkehr, ich müsste noch Fotos davon haben.

  2. Öffentliche Toiletten in Deutschland, da läßt sich lange suchen. Das geht auch anders. Jeder US-Supermarkt hat für seine Kundschaft Restrooms vorzuhalten. Eine Selbstverständlichkeit, der Kundenzufriedenheit dienlich.

  3. An der Ecke Barfußstraße / Edinburgher Straße steht auch noch eines. Da wird schon lange mit dem Amt gestritten, wie eine Sanierung und ggf. Nutzung möglich gemacht werden kann.

  4. In den 80er Jahren stand noch ein Café Achteck an der Ecke Liese/Neue Hochstrasse
    auf der Seite wo sich ein Spielplatz befindet.Ob es den damals schon gab?
    Kann ich mich nicht mehr erinnern..

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