Am 14. Juli fand der zweite inklusive Strandtag im Strandbad Plötzensee statt. Unsere Redakteurin Viktoria war dort und hat die neu erlangte Barrierefreiheit des Areals einmal selbst unter die Lupe genommen.
Ich mag den Sommer, die Sonne und den Strand. Einziger Haken: Die Räder meines Rollstuhls versinken nur allzu leicht im Sand – eine denkbar ungünstige Kombination und jähes Ende eines unbeschwerten Strandtages.
Als mir nun zu Ohren kam, dass das Strandbad Plötzensee dieser Problematik etwas entgegensetzen und das Areal Stück für Stück barrierefreier gestalten möchte, war mein Interesse natürlich geweckt.
Also führt mich mein Weg an jenem Freitagnachmittag bei bestem Sommerwetter zum Strandbad Plötzensee. Wenig überraschend, ist der Andrang badewilliger Menschen recht groß. Nach kurzer Orientierung werde ich auf einen separaten barrierefreien Eingang aufmerksam.
Dort nehmen mich schon einige freiwillige Helfer*innen vom Unionhilfswerk in Empfang. Sie veranstalten die Inklusiven Strandtage in enger Kooperation mit den Betreibern des Strandbads. Die Stimmung ist geprägt von Vorfreude. Mir wird ein blaues Eintrittsbändchen ums Handgelenk gemacht, nachdem ich den reduzierten Eintrittspreis von zwei Euro für den inklusiven Strandtag gezahlt habe. Zusätzlich zum Bändchen gibt’s für alle Besucher dieser Veranstaltung auch noch eine kleine Flasche Wasser kostenlos zum Mitnehmen und ich begebe mich nun gut gerüstet weiter auf das Gelände.
Als ich den neu geschaffenen Weg über den Sandstrand erreiche, treffe ich auch schon auf Yvonne. Sie ist Mitarbeiterin des Unionhilfswerks und koordiniert die Freiwilligenarbeit. Wir kommen ins Gespräch. Ich erfahre, dass besagter Weg aus einzelnen Panzerplatten besteht und im Rahmen einer großen Kraftanstrengung vieler engagierter Helfer*innen Ende April dieses Jahres verlegt wurde. Ob Nachbar*innen, ansässige Sportvereine, Freiwillige aus dem Unionhilfswerk oder das Team des Freibads Plötzensee: Jeder einzelne Meter des insgesamt 250 Meter langen Weges zur Strandbar ist pure Gemeinschaftsarbeit.
Während sie mir das alles erzählt, bin ich über eine mobile Bordsteinrampe auf jenen Weg gefahren und mein E‑Rollstuhl lässt sich problemlos von mir über die sechseckigen Panzerplatten steuern. Yvonne erkundigt sich nach meinen bisherigen Stranderfahrungen und führt weiter aus, dass eine Verlängerung des Weges bis zur Sauna in Planung ist. Dafür seien auch schon Gelder beantragt, denn wie so oft dreht es sich bei solchen Vorhaben auch immer um finanzielle Mittel.
Angekommen an der Strandbar, stellt mir Yvonne weitere ehrenamtliche Helfer*innen vom Unionhilfswerk vor, welche an diesem Tag z.B. eine Kreativecke für Klein und Groß anbieten oder nach Wunsch Henna-Tattoos auf die Haut von Besucher*innen zaubern.
Mir ist erst mal nach einem kühlen Getränk, also setze ich mich mit meiner Begleitung an einen Tisch in der Strandbar und trinke eine eisgekühlte Limonade. Es ist kurz nach 15 Uhr, noch ist es recht ruhig. Während ich meine Limo und ein Stück Pizza genieße, kommt mir ins Gedächtnis, dass ich eben auf dem Weg zum Strandbad an einer Einrichtung des Unionhilfswerks vorbeigefahren bin – dem Joachim-Fahl-Haus. Für die Bewohner*innen dieser besonderen Wohnform liegt das Strandbad Plötzensee also tatsächlich in direkter Nachbarschaft und stellt mit Sicherheit ein beliebtes Ausflugsziel dar.
So langsam wird es voller am Strand und auch in der Strandbar. Ein DJ legt auf, die Stimmung ist gelöst: Kinder spielen mit ihren Familien am Strand oder es wird gemeinsam mit anderen Menschen zur Musik getanzt, natürlich suchen viele auch mal Abkühlung im kühlen Nass. Alles in allem eine bunte Mischung von Menschen, welche allesamt einen entspannten Tag im Strandbad verbringen.
Dass sich die Nachricht vom inklusiven Strandtag bis weit über den Wedding hinaus verbreitet hat, erfahre ich, kurz bevor ich mich auf dem Heimweg mache. Ich lerne Fakhar kennen, einen Studenten aus Frankfurt (Oder). Er habe im Internet von der Aktion gelesen und wollte es sich unbedingt live vor Ort ansehen. Auch er konnte ohne Mühe mit seinem Aktivrollstuhl auf dem Weg aus Panzerplatten fahren und das barrierefreiere Strandbad so zum ersten Mal besuchen.
Alles in allem fällt mein Resümee zum inklusiven Strandtag bzw. der zunehmenden Barrierefreiheit im Strandbad Plötzensee gut aus: Der neu geschaffene Weg über den Sand zur Strandbar ließ sich sehr gut befahren und es waren viele ehrenamtliche Helfer*innen vor Ort, die bei Bedarf auch mit Rat und Tat zur Seite stehen würden. Ein barrierefreies WC ist vor Ort ebenso vorhanden.
Wenig inklusiv fand ich hingegen die Preise dort ansässiger Gastronomie. Vor allem wenn man bedenkt, dass Menschen mit sogenannter geistiger Behinderung bzw. Mehrfachbehinderung oftmals in Werkstätten für Menschen mit Behinderung arbeiten oder gar nicht erwerbstätig sein können und ihr finanzielles Budget dementsprechend klein ist.
Und klar, ich kam mit meinem E‑Rollstuhl jetzt erstmal „nur“ bis zur Strandbar und es ist noch ein weiter Weg bis zur vollkommenen Barrierefreiheit des Strandbads Plötzensee. Ich denke da zum Beispiel an Strandrollstühle.
Was die Helfer*innen bis jetzt erreicht haben, ist trotzdem aller Achtung wert und wird beim nächsten inklusiven Strandtag am 11. August zurecht wieder gefeiert.
Ich werde dem Strandbad Plötzensee jetzt auf jeden Fall öfter einen Besuch abstatten und freue mich perspektivisch auch schon auf meinen ersten Saunabesuch am Plötzensee!
Service
Der nächste Termin findet am 15. September statt. Los geht es um 15 Uhr.
Das Team „Die Freiwilligen“ vom Unionshilfswerk organisiert die Helfer*innen für die Inklusiven Strandtage. Es werden noch Helfer*innen gesucht! Für den 11.08. und 15.09.
Freiwillige können sich bei vostel.de melden:
https://vostel.de/de/volunteering/projects/7202_Stiftung-Unionhilfswerk-Berlin-Team-die-freiwilligen-im-Unionhilfswerk_Inklusiver-Strandtag-Supporter-inclusionRevolution_Berlin
Toller Beitrag. Meine Augen für das wichtige Thema Barrierefreihet wurden mal wieder geöffnet. Schön dass die Strandbad-Betreiber so engagiert sind. Mehr davon!
Toll, dass es das gibt!!