Der oberflächliche Betrachter sieht die Panke am Nordhafen in den Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal münden. Erst ein Blick auf einen historischen Stadtplan Berlins verrät den ursprünglichen Verlauf der Panke zwischen der Schulzendorfer Straße im Wedding und dem Schiffbauerdamm 2 in Berlin-Mitte. Dieser Altarm ist jetzt wieder auf einigen Strecken zugänglich.
Moderne Gestaltung am BND
Der alte Mündungsarm ist im Laufe der Zeit in Vergessenheit geraten, spätestens seit dem Mauerbau wurden die beiden Flussläufe gekappt. Durch die Zerstörung eines Dükers wurde der heute sichtbare Abfluss der Panke durch den ehemaligen Schönhauser Graben in den Nordhafen erzwungen. Am Rechenwerk an der Schulzendorfer Straße muss man genau hinschauen, um in der gemauerten Flusswand links zwei runde Öffnungen zu erkennen. Durch diese kann Wasser in den Altarm geleitet werden. Um das zu erreichen, muss die Panke mit einem Schlauchwehr aufgestaut werden, so dass das Wasser durch die Öffnungen abfließt.
Als ich 2008 mehr über den alten Mündungsarm der Panke erfahren wollte, kam ich an Bert Grigoleit nicht vorbei. Der Landschaftsarchitekt ist ein Kenner der Materie, der den Prozess der Freilegung der Alten Panke von Anfang an begleitet hat. „Im Jahr 2012 wird es 20 Jahre gedauert haben, die Panke freizulegen“, sagte Grigoleit damals, „aber dafür wurde vorher jahrzehntelang alles getan, um die Panke verschwinden zu lassen.“. Für die Grün Berlin GmbH hat Grigoleit zahlreiche Studien zur Panke erarbeitet und auch Teilstücke der Panke wieder freigelegt. Mit einem Gutachten über diesen Fluss hatte sich der Planer 1991 nach einer Tätigkeit in der Senatsverwaltung selbständig gemacht.
Moderne Gestaltung am BND
Bis auf die wenigen Abschnitte der Panke, die aus Kosten- oder Praktikabilitätsgründen verrohrt bleiben müssen, konnte das 1991 begonnene Projekt der Wieder-Freilegung der Südpanke erst im Mai 2021 abgeschlossen werden. Das erste Teilstück nahe der Chausseestraße und der Habersaathstraße wurde schon 2009 im Rahmen des Neubaus des Bundesnachrichtendienstes auf dem Gelände des früheren Stadions der Weltjugend angegangen. Grigoleit selbst führte die Planung für die Wiederherstellung der Panke aus. „Mir gefällt am besten an dem Gewinnerentwurf, dass man förmlich in den Pankeeinschnitt abtaucht“, erläuterte der Landschaftsarchitekt das Konzept. Die Promenade liegt wie die Panke selbst in einer Senke, so dass man die umgebende Bebauung weniger stark wahrnimmt als die Grünfläche und den Fluss. „3,5 Meter beträgt der Abstand zwischen der Geländeoberkante und der Sohle der Panke“, erklärte der Fachmann. 2012 war die Umsetzung im ersten Bauabschnitt abgeschlossen. Da die Planung des Grünzugs Südpanke in unmittelbarem Zusammenhang mit dem angrenzenden Neubau des BND-Hauptsitzes stand, konnte der 2. Bauabschnitt erst nach der Fertigstellung der BND-Zentrale begonnen werden. Baubeginn war im Sommer 2018. Jetzt kann man von der Chausseestraße 88 (Höhe Liesenstraße) durch einen Durchgang entlang des neuen Pankeabschnitts, unter Querung der neu angelegten Ida-von-Arnim-Straße, bis zur Habersaathstraße am Wasser entlanggehen.
Bei der Gestaltung auffällig ist die Mischung aus geraden Linien, Steinen und harter Uferkante auf der einen Seite, naturnahes Ufer, Wildbienenwiese, hohes Gras und höhergelegter Weg auf der anderen Seite der Panke.
So idyllisch ist die alte Panke
Die 30 Jahre lange Umsetzungszeit ist auf den ersten Blick verwunderlich, aber man darf nicht vergessen: Im Ostteil Berlins war die Panke fast ganz aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwunden. „Nur der Pankelauf auf dem Gelände der früheren Tierarzneischule aus dem 18. Jahrhundert war nicht verrohrt oder zugeschüttet“, erklärte Grigoleit damals. In der späten DDR-Zeit konnte die Verlegung von Fernwärmeleitungen nur knapp verhindert werden. Aber dennoch: Vielerorts verschwand die Panke in einem Rohr oder es wurden Leitungen in das alte Pankebett gelegt. Der Experte Grigoleit kennt praktisch jedes Detail auf dem freigelegten Abschnitt 100 Meter nördlich der Reinhardtstraße und der Veterinärmedizinischen Fakultät der Humboldt-Universität. Auf diesem Gelände lebten bis vor wenigen Jahren viele Haus- und Nutztiere. “Hier mussten Gehege, Futtersilos und alte Leitungen verschwinden“, erinnert sich der Landschaftsarchitekt, „es war eine zerklüftete Landschaft.“ Kein Vergleich zu dem jetzigen innerstädtischen Ort der Ruhe, den der kundige Spaziergänger heute vorfindet. Am besten erreicht man das Gelände von der Philippstraße aus, gleich neben der Charité-Notaufnahme.
So holt man den Fluss zurück
Mit der Rückführung des Pankewassers dürfte in Zukunft ein städtebaulicher Zustand wieder hergestellt sein, der den Fluss wieder stärker ins Bewusstsein der Berliner zurückholt. Mit dem Weddinger Abschnitt des Pankegrünzugs, der in den 1950er Jahren begonnen wurde und der den Fluss zwischen der Kühnemannstraße im Norden und der Chausseestraße wieder im Süden erlebbar gemacht hat, ist dies bereits ein Stück weit gelungen. Nur unter dem Südpankepark zwischen Schulzendorfer und Liesenstraße ist nicht erkennbar, dass ein Fluss unter der Grünfläche verlauft. Durch den jetzt eingeweihten Abschnitt präsentiert sich der ursprüngliche Pankeverlauf in einer großen gestalterischen Vielfalt – das neue Flussbett der Südpanke ist sehr modern gestaltet.
Die Panke verfügt über höchst unterschiedliche Einbettungen ins Stadtbild, ob als Graben (neben dem Schwarzen Weg), als natürliches Gewässer, als Stadtfluss zwischen den Häusern oder unterirdisch wie zwischen Reinhardtstraße und Spree. Doch wird die Panke ihren alten Mündungsarm wieder vollständig zurückbekommen? Das habe ich damals Bert Grigoleit gefragt. Im Normalfall können 200 Liter pro Sekunde in der Südpanke fließen. Bei Hochwasser und durch den Zufluss von Regenwasser ist der Fluss sogar auf bis zu 1000 Liter pro Sekunde ausgelegt. „Die Panke könnte wieder vollständig in ihrem alten Bett fließen“, erklärte Grigoleit damals. Da der während der Teilung Berlins zugeschüttete Düker unter der Chausseestraße mittlerweile wieder funktionsfähig ist, konnte für einige Monate schon einmal Wasser durch den alten Mündungsarm fließen. Die Panke als wieder erlebbarer Fluss in der Stadt und als grüne Lunge für den Nordosten Berlins – dieses Projekt ist mit der Freilegung der Südpanke fast abgeschlossen. Die Verantwortlichen haben ein auf lange Sicht angelegtes Vorhaben umgesetzt. Was jetzt noch fehlt, ist die Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie. Doch das ist ein anderes Thema.
Karten: opentopomap.org
Der viele Beton passt vorzüglich zum Bau des BND, einem der allerschönsten Berliner Gebäude.