Die Alte Nazarethkirche ist eine von Karl Friedrich Schinkel entworfene Kirche. Sie gehört zu den vier Schinkelschen Vorstadtkirchen, die alle einen ähnlichen Bauplan haben. Als eines der ältesten Gebäude ist sie so etwas wie eine Sehenswürdigkeit des Wedding geworden. 1906 wurde die Kirche erstmals umgebaut. Jetzt steht wieder eine grundlegende Veränderung an. Dieser Bericht gewährt einen Einblick in die Baumaßnahmen.
Baugeschichte des Denkmals
Von 1832 bis 1835 wurde die Kirche am Leopoldplatz errichtet und am 5. Juli 1835 eingeweiht. Karl Friedrich Schinkel wählte einen Ziegelbau im für ihn typischen Rundbogenstil, der Motive oberitalienischer Romanik aufnimmt. Die Struktur der ursprünglichen Innenraumgliederung zeichnet sich bereits am Äußeren dieses kubisch-strengen Gebäudes ab. Die Fassade deutet auf eine Zweistöckigkeit, wobei die großen, oberen Rundbogenfenster die Lage der ehemaligen Emporen anzeigen. Die Eckräume weisen ganz kleine Fenster auf. Durch Friedrich August Stüler sollte die Kirche später – ähnlich wie bei der fast baugleichen Johanniskirche in Moabit – um ein Pfarrhaus, einen Glockenturm und einen verbindenden Arkadengang ergänzt werden. Diese Planungen kamen hier jedoch nicht zur Ausführung, so dass sie sich im Äußeren fast unverändert erhalten hat.
Nachdem sie für die Gemeinde zu klein geworden und die Neue Nazarethkirche erbaut worden war, fanden hier keine Gottesdienste mehr statt. Sie diente fortan vornehmlich für diakonische und katechetische Arbeit. 1906 wurde in Höhe der Emporen eine Zwischendecke in den hohen Innenraum eingezogen. In diesem Zusammenhang erhielt das Erdgeschoss zur besseren Belichtung weitere Rundbogenfenster, wodurch die unteren Fenster jetzt eine durchgehende Reihung aufweisen. Außerdem wurde ein Apsisumgang errichtet, um dort Nebenräume unterbringen zu können. Zwischen 1972 und 1974 wurde eine Kindertagesstätte im Erdgeschoss eingebaut. Von 1977 bis 1980 erfolgte die Restaurierung des Saales im Obergeschoss – Schinkelsaal genannt – der heute wieder für Gottesdienste genutzt wird.
Vermutlich mit wenig Begeisterung hätte Schinkel den späteren Einbau des Treppenhauses und der Toiletten im Eingangsbereich betrachtet. Wir verbuchen das einfach mal unter Zeitgeist.
Übrigens: 1902 wurden Teile der stark angewachsenen Nazarethgemeinde in neue Kirchengemeinden ausgegliedert, in die Kapernaumkirche an der Seestraße und 1908 an die Osterkirche in der Sprengelstraße. Später änderten sich die Vorzeichen: Die Neue Nazarethkirche, war inzwischen für die Kirchengemeinde viel zu groß geworden, sodass sie 1989 entwidmet und verkauft wurde.
Näher am historischen Vorbild
Damit die Kirche nicht nur einen Teil ihrer alten Schönheit zurückerhält, sondern auch barrierefrei zugänglich wird, hat sich die Evangelische Nazarethkirchengemeinde zu einem umfassenden Umbau entschlossen, der bis zum Jahr 2023 dauern wird. Der Eingangsbereich soll durch einen Innenaufzug ergänzt werden, um alle Ebenen des Gebäudes problemlos zu erreichen. Die Toiletten und das Treppenhaus werden vollständig entfernt.
Der Abriss der Kita-Räume im Untergeschoss hat bereits begonnen:
Die Kindertagesstätte ist zu Beginn des Jahres 2021 an einen neuen Standort umgezogen. Damit ist das Untergeschoss frei geworden und soll umgebaut werden. Künftig sollen dort das Pfarrbüro, die Küsterei etc. untergebracht werden, die sich derzeit noch im Gemeindehaus in der Nazarethkirchstraße 50 befinden.
Zu den Änderungen gehört auch die Wiedereinbeziehung der derzeit durch einen blauen Vorhang verdeckten Apsis in den Gottesdienstraum. Sie soll originalgetreu wiederhergestellt werden, so wie auf der historischen Skizze zu sehen. Im Moment sieht das noch so aus:
Bis auf die Apsis bleibt der Kirchsaal in seinem jetzigen Aussehen weitestgehend erhalten.
Der Abriss schreitet voran. Die Decke im Untergeschoss ist runter und in Säcke verpackt.
Ein Blick zur Decke:
Damit das Parkett im Kirchsaal während der Umbaumaßnahmen keinen Schaden nimmt, wurde es sicherheitshalber verpackt.
In den nächsten zwei Jahren geht es mit dem Umbau weiter – und wir dürfen gespannt sein, wie sich diese schöne und für den Wedding so wichtige Kirche am Ende der Baumaßnahmen zeigt.
Fotos: Sebastian Bergmann
Text: Sebastian Bergmann/Weddingweiser-Redaktion