Fünfundsechzig. Ihr werdet manchmal diese Zahl sehen. Sie ist die Ziffer, die den Wedding symbolisiert und zeigt, dass ihr wirklich wisst, was gut ist. Das ist ebenso wichtig wie der Artikel beim Ortsnamen Wedding. Sagt niemals, ihr wohnt in Wedding. Oder ihr kommt aus Wedding. Denn hier heißt es im, auf dem, aus dem oder über den Wedding. Genauso ist es auch mit der 65, die wie ein Geheimcode funktioniert. Und woher die Zahl kommt? Das erfahrt ihr hier. Aber pssst. Nicht an andere weitersagen!
Wollt ihr wissen, wie man früher Städte geplant hat? Willkommen im Museum namens Wedding! Unsere Hauptstraßen sind gut erhaltene Relikte autogerechter Vorstellungen von Städten. Allein die Müllerstraße, so authentisch aus den 1960ern, wie es das sonst kaum noch gibt. Das Geländer in der Mitte! Die Abwesenheit von Radwegen! Das Fehlen von Verweilmöglichkeiten und schönen Plätzen zum Ausruhen! Oder die Badstraße, wo tagtäglich ein Wettbewerb im Parken in zweiter Reihe ausgetragen wird – einfach nur retro, diese pulsierend-chaotischen Trassen mitten in der Stadt. Und nachts kann man hier sogar gratis Autorennen beobachten.
Mitten durch den Stadtteil, der von seinen Bewohnern unter dem Namen Wedding bekannt ist, geht seit 2001 eine brutale Trennlinie namens Ortsteilgrenze. Nämlich zwischen dem “Ortsteil Wedding” und dem “Ortsteil Gesundbrunnen”. Wohnt ihr auf der linken Seite der Reinickendorfer Straße, führt ihr ein gänzlich anderes Leben als auf der rechten Seite. Nicht. Der ehemalige Bezirk Wedding wurde hier vom Amtsschimmel ohne Not in zwei Teile zerrissen. Aber cool, wie wir Weddinger sind, ist uns das eigentlich ziemlich schnuppe und vom Plötzensee bis zur Bösebrücke fühlen wir uns gleichermaßen als Weddinger. Und lassen uns nicht auseinanderdividieren.
Man hat euch gesagt, im Wedding zu wohnen sei angesagt? Nun, ihr werdet schnell merken, dass alteingesessene Berliner auf diese Aussage – sagen wir mal – irritiert reagieren. In diesem Stadtteil, durch den man höchstens fährt, um nach Norden zu kommen, kann man wohnen? Ist es da nicht total trostlos und asozial? Ja, früher hatten Vermieter tatsächlich Mühe, leerstehende Wohnungen zu vermieten, weil nur absolute Hardcore-Weddinger in unserem Stadtteil wohnen wollten. Jahrzehntelang war der Wedding ein Biotop für Kenner, die das Dörfliche und Gemütliche in unseren Kiezen zu schätzen wussten. Dazu die niedrigen Mieten, das viele Grün, die gute Verkehrsanbindung. Kommt, sagt es allen weiter, im eigenen Interesse: Hier kann man nun wirklich nicht wohnen!
What you need to know about Wedding
(English version, translated by Fiona Nugent)
(
Sixty-five. You will see this number from time to time. It symbolizes Wedding and shows that you really know what’s good. This is just as important as the article you use before the name Wedding. Never say you live “in Wedding”, or that you come “aus Wedding”. Because here we say “im”, “auf dem”, “aus dem” or “über den” Wedding. It’s the same with the 65, which works like a secret code. And where does the number come from? You can find out here.
But shhh – don’t tell anyone!
Do you want to know how cities were planned in the past? Welcome to the museum also known as Wedding! Our main streets are well-preserved relics of the car-friendly visions of cities past. Müllerstrasse alone is so authentically 1960s that there’s almost no other place like it. The railing in the middle! The nonexistent bike lanes! The complete lack of nice places to dawdle or relax! Or Badstraße, where a competition in second-row parking is held daily. These vibrant, chaotic lanes in the middle of the city are a real throwback. At night, you can even catch a free car race.
In the middle of the district known by its inhabitants as Wedding, a brutal dividing line called the Ortsteilgrenze (district boundary) has existed since 2001 between the “district of Wedding” and the “district of Gesundbrunnen”. If you live on the left side of Reinickendorfer Strasse, you lead a completely different life than if you live on the right side. Not. The former district of Wedding was unnecessarily torn in two by red tape bureaucracy. But being the cool Weddingers that we are, we couldn’t care less about this. From Plötzensee to Bösebrücke we all feel equally like Weddingers, and we won’t let ourselves be divided.
You’ve been told that living in Wedding is the new thing? Well, you’ll quickly notice that old-established Berliners tend to be – let’s say – annoyed by this statement. Can you really live in this district, which people only drive through to get to the north? Isn’t it totally desolate and antisocial? Yes, in the past, landlords actually had trouble renting vacant flats because only absolute hardcore Weddingers wanted to live in our district. For decades, Wedding was a biotope for connoisseurs who appreciated the village-like and cosy atmosphere of our neighbourhoods – that combined with the low rents, the green spaces and the good transport connections. Come on, tell everyone, for your own sake: This really is no place to live!