Um die Hintergründe besser verstehen zu können und unterschiedliche Einblicke in den Beruf zu bekommen, habe ich mit zwei Bestattungsunternehmen im Wedding gesprochen: Furkan Bestattungen und Schmidt & Co. Bestattungen.
Herr El-Ali ist der Leiter des muslimischen Furkan Bestattungsunternehmens in der Drontheimer Straße 32a. Er ist früh mit Bestattungen in Berührung gekommen, durch einen regelmäßigen Kontakt mit einem Bestatter einer Moschee in Neukölln, die er schon als kleiner Junge häufig besuchte. Die Arbeit als Bestatter sieht er in erster Linie als einen Gottesdienst. Im Islam wird das Sorgen um Verstorbene als eine sehr edle Tat gesehen, welche von Gott belohnt wird. Diese Tatsache war ausschlaggebend für seine Motivation, den Beruf eines Bestatters zu wählen.
Ein früher persönlicher Verlust war auch für Frau Brückner richtungsweisend für ihren Berufswechsel, welcher sie letztendlich zu “Schmidt & Co”, einem weltlichen Bestattungsunternehmen in der Nähe des S‑Bahnhofes Wedding geführt hatte. Den einzelnen unterschiedlichen Gefühlen der Angehörigen begleiten zu dürfen, führt bei Frau Brückner auch zu einem Gefühl der Beheimatung, wie sie es beschrieb.
Es hat mich auch Tage nach unserem Gespräch noch bewegt, wie sie das Entstehen eines Dankbarkeitsgefühls beschrieb, welches durch die Ehrfurcht entsteht, wenn sie an den Sarg eines verstorbenen Menschen herantritt. Es kommt daher, dass der verstorbene Mensch sie nicht eingeladen hat, aber ihr Beruf es ihr trotzdem ermöglicht, diesen Menschen verabschieden zu können.
Der Umgang mit dem Tod ist etwas, das zweifellos untrennbar zum Beruf eines Bestatters dazugehört. Als ich mich mit Herrn El-Ali getroffen habe, ist mir aufgefallen, wie sein Bestattungsunternehmen in das Alltagsleben von praktizierenden Muslimen eingebunden ist. Das Büro liegt in einem mehrstöckigen Haus direkt unter einer Moschee.
In der Tat beschrieb Herr El-Ali im weiteren Verlauf, wie es in seinen Moscheebesuchen häufige Totengebete und Bekanntmachungen über Verstorbene gibt. Dadurch ist auch jemand, der nicht als Bestatter arbeitet und die Moschee besucht, häufig mit Fragen um das Sterben konfrontiert. Im Islam wird der Tod nicht als Abschied für immer gesehen, sondern mehr als ein Wiedersehen im Jenseits, wie er mir erklärte.
Dieser Gedanke, dass der Tod nicht als das endgültige Ende gesehen wird, spiegelt sich auch in den Aussagen von Frau Brückner wider. Eine Zuversicht in dieser Hinsicht kann helfen, den Prozess der Endlichkeit aufzuarbeiten und das Gefühl der Ungewissheit anzunehmen. So wie das Bestattungsunternehmen von Herrn El-Ali in das Gebäude mit der Moschee eingegliedert ist, ist auch Frau Brückner der Ansicht, dass das Thema Tod und Sterben vielmehr in die Mitte der Gesellschaft gehört.
In beiden Gesprächen wurde deutlich, wie wichtig ein großes Maß an Einfühlungsvermögen ist. Trotz der technischen und organisatorischen Seite, die ein Bestatter einnimmt, erwähnt Herr El-Ali auch die beruhigende Rolle, um Verwandten und Freunden des Verstobenen eine Zuversicht und ein ruhiges Gewissen über das Leben des Verstorbenen im Paradies zu geben. Es ist wichtig, sich selbst in der Situation zurückzunehmen, gemeinsam schweigen zu können, um im richtigen Moment zu sprechen, wie Frau Brückner erklärt.
Obwohl der Tod als kein endgültiges Ende gesehen wird, stellt jedoch der Umgang mit den einzelnen Schicksälen auch eine Herausforderung und Belastung an den Bestatter dar. Herr El-Ali beispielsweise erzählt, dass ihn auch nach seiner langjährigen Erfahrung einzelne Todesfälle emotional mitnehmen und er diese mit seiner Familie bespricht. Frau Brückner unterstreicht, wie wichtig es für sie ist, den Abschied von dem Verstorbenen schön und versöhnlich zu gestalten. Gelingt dies, ist es der größte Lohn an ihrer Arbeit.
Ich habe auf dem Heimweg nach meinem letzten Gespräch über den wichtigen gesellschaftlichen Beitrag nachgedacht, den diese beiden Menschen leisten. Ein Körnchen zu sein, das im Kleinen kräftig mithilft, war eine wie ich finde sehr treffende Beschreibung von Frau Brückner.
Das Bestattungsunternehmen Schmidt & Co. gehört zu den ältesten Bestattern im Wedding, es liegt in unmittelbarer Nähe zum Krematorium Wedding. Ursprünglich eine Sargfabrik des Tischlers August Lehmann, wurde das Unternehmen bis 1996 von Joachim Schmidt geführt, dem Gründer, Namensgeber und langjährigen Betreiber.
Aufgrund der verschiedenen Kulturen in Berlin spielen sowohl kirchliche als auch weltliche Bestattungen eine alltägliche Rolle für Schmidt & Co in der Gerichtstraße 34.
Die Aufgaben gehen weit über die eines Handwerksberufes hinaus, wo der Beruf seinen Ursprung hatte. Im Fokus steht ein großes Maß an Empathie, Einfühlungsvermögen und Freude am Kontakt mit Menschen.
Dadurch, dass das Thema Tod eine zentrale Bedeutung im Leben eines Menschen hat, empfehlen Schmidt & Co. einen frühen Umgang mit dem Thema. Die Vorsorge in guten Zeiten hilft später den Angehörigen, Abschied zu nehmen und das gute Gefühl zu haben, im Sinne des Verstorbenen zu handeln.
Dies ist auch einer der Beweggründe, weshalb das Unternehmen Seminaren, Vorträgen, Letzte-Hilfe-Kurse und Friedhofsführungen organisiert.
Herzlichen Dank für den sehr interessanten Beitrag zum Beruf eines Bestatters! Tatsächlich habe auch ich mich öfters gefragt, welche Motivationen ein Bestatter gehabt haben könnte, sich für diesen Beruf zu entscheiden. Dabei sind mir viele mögliche Erklärungen eingefallen, doch aus diesem Blickwinkel habe ich es noch nicht betrachtet. Ich finde den Gedanken inzwischen auch sehr schön, dankbar zu sein, an der Verabschiedung eines Menschen teilhaben zu dürfen, ohne diesen persönlich gekannt zu haben.
Danke für den schönen Artikel! Ich glaube, der hilft auch weiter, mit jedenfalls hätte er Anfang des Jahres geholfen.