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Wiederbelebung des Weddinger Schillerparkcenters:
Spitfire Gym: Auf die Matte, Wedding!

Es gibt wieder Leben im Schillerparkcenter. Lange, für die meisten Weddinger viel zu lange, stand nach dem Auszug von "real" und anderer Geschäfte das Gebäude in bester Weddinger Lage leer. Das ändert sich jetzt. Wir haben uns einmal im neuen "Spitfire Gym"-Sportstudio umgeschaut, das dem Wedding gut zu Gesicht stehen wird.

Dort, wo früher bei "real" unter kaltem Neonlicht nüchterne Regale mit Lebensmitteln auf die Kunden warteten, stehen wir heute in einem großen Raum mit dunklen Matten und einem achteckigen MMA-Oktagon in der Mitte. Alles ist in schwarz und rot gehalten stylische LED-Lampen in geometrischen Formen erhellen das mit 3600 Quadratmetern größte Kampfsport-Gym Europas. Berühmte Athlet:innen und ambitionierte Kampfsportler:innen werden hier neben ganz normalen Freizeitsporttreibenden trainieren. Yigit und Bünyamin sind sichtlich stolz, die ersten Mieter im wiederbelebten Center zu sein, das bald mit noch mehr sportlichen Angeboten aufwarten wird. „In unserem alten Gym in Schöneberg, das nur 500 Quadratmeter groß ist, traten sich die Sportbegeisterten auf die Füße", sagt Yigit. Man sei froh, eine so ungewöhnlich gut ausgestattete und hervorragend angebundene Fläche wie hier im Wedding gefunden zu haben. Die Verhandlungen mit dem Eigentümer Aroundtown waren lang, hätten sich aber gelohnt.

Als die Nachricht durchsickerte, dass eines der renommiertesten Kampfsport-Studios Deutschlands in das leerstehende Schillerparkcenter zieht, gab es einige Kommentare bei unseren Leser:innen. Manche fragten sich sogar, ob nicht plötzlich lauter „Schlägertypen" durch den Wedding laufen? Keine Sorge. Wir haben uns das riesige Gym schon einmal vorab angeschaut. Yigit Muk muss schmunzeln, wenn man ihm von diesen Vorurteilen erzählt. Gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Bünyamin Topal wagt der 36-Jährige gerade den Sprung von Schöneberg in das ehemalige Laden-Areal an der Müllerstraße Ecke Ungarnstraße. Denn das Spitfire Gym will Kids über den Tellerrand schauen lassen, mit unterschiedlichsten Menschen zusammenbringen, und auch mit der Polizei zusammenarbeiten, um den Stadtteil sicherer zu machen. Dazu gehört für die Gymbetreiber auch die Zusammenarbeit mit Jugendsozialträgern und dem Bezirk Mitte.

„Ich bin doch selbst das beste Beispiel", sagt der türkischstämmige Yigit. Schon mit 11 habe er in Neukölln eine Gang gegründet und viel Mist gebaut. „Wenn man mich schief angeschaut hat, war ich bereit zuzuschlagen", sagt er. Durch den Kampfsport habe er gelernt, sein Gegenüber zu respektieren. Und aus dem mit Ach und Krach von der Hauptschule abgegangenen Schulversager wurde, zu höchster Disziplin motiviert durch Trainingspartner auf der Matte, am Ende ein Schüler mit einem 0,8er-Abitur. Darüber hat er sogar ein Buch geschrieben.

Doch nicht nur das Platzangebot begeistert, auch die etwa 20 Trainer:innen gehören zu den besten ihrer Disziplinen in ganz Deutschland. „Wir sind froh, mit Alexander Sommer den ehemaligen Trainer des Olympia-Kaders im Ringen gewonnen zu haben", sagt Yigit. Er zeigt auf die mit roten Linien abgezirkelten Matten für die einzelnen Kampfsportarten. Wer will, kann auch private Trainingseinheiten buchen, für die es eigene abgeschlossene Räume im Gym gibt. Und nicht nur das: Massagen, Physiotherapie und Wellnessräume wie Sauna und Kältebecken komplettieren das Spitfire-Angebot. „Da auch immer mehr Frauen ihre Liebe zu Kampfsport entdecken, wollen wir diese umso mehr fördern", sagen die Geschäftsführer. Daher ist für die Damen das Spa im Abo-Preis von 100 Euro enthalten. Bald werden sich hier im Wedding Sportbegeisterte aus ganz Berlin einfinden. Was man jetzt schon verraten kann, ist, dass das frühere Einkaufszentrum wieder viele Sportangebote haben wird. Als erstes zieht der Ping Pong Park gleich neben dem Spitfire Gym ein, wo Tischtennisbegeisterte an mehreren Platten ihre Schläger schwingen können.

Kritiker werden zu Recht einwenden: Die Mitgliedsgebühr des Kampfsport-Gyms dürfte für viele Jugendliche im Wedding sehr hoch sein. Das weiß auch Yigit. „Wir werden versuchen, einerseits die hohen Kosten und Investitionen für dieses Gym zu schultern, andererseits aber auch mit Vereinen wie Gangway und dem Bezirk ins Gespräch zu kommen, um Jugendlichen ein gutes Angebot machen zu können." Vielleicht sind sogar Stipendien für Kampfsporttraining wie Mixed Martial Arts, Brazilian Jiu-Jitsu oder Ringen möglich. Diese könnte man beispielsweise an eine Anwesenheitsquote in der Schule koppeln. Dem Spitfire Gym ist eine gute Mischung wichtig. Hier trifft der Dachdecker auf den Psychologen, der Buchautor auf den Hauptschüler. "Wir holen die Leute von der Straße, es wird im Wedding sicherer werden", glaubt Yigit. "Menschen lernen bei uns Grundwerte, die auch im gesamtgesellschaftlichen Kontext förderlich sind. Respekt und Demut sind nur einige dieser Werte."

Wer diesen Spirit einmal selbst erleben möchte, ist eingeladen, am Sonntag, den 29. September zum Tag der offenen Tür in der Müllerstr./Eingang Ungarnstraße vorbeizukommen. Das Spitfire Gym öffnet regulär ab dem 30. September. Es hat Mo – Fr von 8 – 22 Uhr, Sa/So von 10 – 16 Uhr geöffnet.

Website. Müllerstr. 46 (Eingang Ungarnstraße)

Fotos: Andaras Hahn/Joachim Faust/Spitfire Gym

Joachim Faust

hat 2011 den Blog gegründet. Heute leitet er das Projekt Weddingweiser. Mag die Ortsteile Wedding und Gesundbrunnen gleichermaßen.

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