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Schwerer Unfall im Wedding:
Ein Weckruf für mehr Verkehrssicherheit

Es ist eine sehr eindringliche Erfahrung, wenn man einen Verkehrsunfall erlebt und auch, was unmittelbar danach passiert. Es zeigt: Mit manchen Vorfällen sollten wir uns nicht einfach abfinden.

Vor einer Woche wur­de ich Zeu­ge eines schwe­ren Unfalls an der berüch­tig­ten Kreu­zung Oslo­er Straße/Prinzenallee, nur 30 Meter ent­fernt von der Ter­ras­se eines Restau­rants, in dem ich gera­de saß. Ein Fuß­gän­ger wur­de dabei sehr schwer ver­letzt, was mich dazu bringt, über die Gefah­ren und Her­aus­for­de­run­gen des Ber­li­ner Stra­ßen­ver­kehrs nachzudenken.

Schnelle Hilfe und Solidarität

Inner­halb weni­ger Sekun­den nach dem Unfall eil­ten hilfs­be­rei­te Men­schen, dar­un­ter auch Auto­fah­rer, zur Unfall­stel­le, um zu hel­fen. Es war schön zu sehen, wie schnell und bereit­wil­lig man­che Men­schen reagier­ten. Der Kran­ken­wa­gen aus dem Bun­des­wehr­kran­ken­haus war in weni­ger als acht Minu­ten vor Ort, gefolgt von meh­re­ren Poli­zei­wa­gen nach wei­te­ren zwei Minu­ten. Das sind groß­ar­ti­ge Wer­te und zeigt, wie sicher eine Groß­stadt trotz Ver­kehr, Fei­er­abend und aller Kri­tik sein kann. 

Erschreckende Schaulust und Hektik

Lei­der bil­de­te sich sofort eine Trau­be von Schau­lus­ti­gen, die die Situa­ti­on unnö­tig kom­pli­zier­ter mach­ten. Bevor die Ret­tungs­kräf­te an den Unfall­ort her­an­fah­ren konn­ten, muss­ten sie eine ent­spre­chen­de Laut­spre­cher­durch­sa­ge machen. Rings­her­um ging der all­täg­li­che Fei­er­abend­ver­kehr wei­ter, die Poli­zei sperr­te die Stra­ße ab. Nach wei­te­ren 15 Minu­ten kam dann ein sehr schnell fah­ren­der Not­arzt­wa­gen hin­zu, des­sen etwas hek­ti­scher Fahr­stil nichts Gutes über den Gesund­heits­zu­stand des Fuß­gän­gers ver­mu­ten ließ. Ins­ge­samt dau­er­te es etwa 50 Minu­ten, bis der Kran­ken­wa­gen mit Blau­licht davon fuhr. Das Ver­kehrs­un­fall­kom­man­do der Poli­zei nahm dann noch den Unfall genau­es­tens auf, wäh­rend das betei­lig­te Auto samt Insas­sen an Ort und Stel­le blieb. Die Front­schei­be war deut­lich vom Auf­prall ein­ge­dellt, hof­fent­lich geht es allen Betei­lig­ten bald wie­der gut. In weni­gen Stun­den wird die Stra­ße wie­der frei sein und der Unfall nur noch als wei­te­rer Ein­trag in der Unfall­sta­tis­tik verbleiben.

Motorisierte Gewalt und fehlende Ahndung

Wäh­rend der Not­arzt noch am Arbei­ten war, ras­te eine Rei­he von über­mo­to­ri­sier­ten Autos in die ent­ge­gen­ge­setz­te Rich­tung. Sicher ach­tet man in einem sol­chen Moment eher auf so etwas als sonst, doch die­se Sze­ne zeigt die all­täg­li­che Gefahr, der Rad­fah­ren­de und Fußgänger*innen im Ber­li­ner Stra­ßen­ver­kehr aus­ge­setzt sind. Es scheint, als müs­se erst ein schwe­rer Unfall pas­sie­ren, bevor Maß­nah­men ergrif­fen wer­den. Was an die­sem Unfall-Hot­spot noch alles gesche­hen muss, damit sich was ändert, bleibt lei­der unklar. Wie der Senat die moto­ri­sier­te Gewalt ahn­den will? Kei­ne Ahnung. 

Moralische Aspekte und die dringende Notwendigkeit von Veränderungen

Die­ser Vor­fall ist ein ein­dring­li­cher Weck­ruf für meh­re­re Aspek­te der Verkehrssicherheit:

  1. Gefahr durch Autos: Über­mo­to­ri­sier­te Fahr­zeu­ge stel­len eine immense Gefahr im städ­ti­schen Ver­kehr dar. Ihre Geschwin­dig­keit und Mas­se sind für inner­städ­ti­sche Stra­ßen unge­eig­net und erhö­hen das Risi­ko schwe­rer Unfälle.
  2. Gefahr an die­ser Kreu­zung: Die Kreu­zung Oslo­er Straße/Prinzenallee ist ein bekann­ter Unfall-Hot­spot und muss drin­gend siche­rer gestal­tet wer­den. Kaum ein Tag ver­geht, ohne dass es an die­ser Kreu­zung knallt.
  3. Gefahr für Rad­fah­ren­de: Rad­fah­ren­de sind im Ber­li­ner Stra­ßen­ver­kehr bekannt­lich beson­ders gefähr­det. Es braucht noch mehr und bes­se­re Rad­we­ge, um ihre Sicher­heit zu gewährleisten.
  4. Ablen­kung im Stra­ßen­ver­kehr: Ob die Iso­lie­rung durch Kopf­hö­rer bei Rad­fah­ren­den oder die Ablen­kung durch Han­dys (bei allen) tra­gen zu gefähr­li­chen Situa­tio­nen bei. Wir müs­sen alle mehr auf­ein­an­der aufpassen!

Die­se Erfah­rung hat mir gezeigt, dass drin­gend etwas pas­sie­ren muss, um die Sicher­heit aller zu ver­bes­sern und die Gefah­ren, die durch rück­sichts­lo­se Fahr­wei­se und unzu­rei­chen­de Infra­struk­tur ent­ste­hen, end­lich zu mini­mie­ren. Der Schutz des Lebens und der Gesund­heit soll­te immer obers­te Prio­ri­tät haben – auch vor der Flüs­sig­keit des (Auto-)Verkehrs.

Mel­dung im Tagesspiegel

Samuel Orsenne

Samuel ist ein Großstadtmensch, der im Wedding sein Zuhause gefunden hat. Mit seiner Familie lebt er im Kiez rund um die Bellermannstraße. Neben der Arbeit als IT-Fachmann engagiert er sich im Quartiersrat und natürlich beim Weddingweiser und betreut u.a. Marktstände, Technik und die Verwaltung der Weddingweiser UG.

6 Comments Leave a Reply

  1. “Es scheint, als müs­se erst ein schwe­rer Unfall pas­sie­ren, bevor Maß­nah­men ergrif­fen wer­den.” – Dem Gesetz nach war es bis vor zwei Wochen noch so: Es muss­te tat­saech­lich nach­ge­wie­sen wer­den, dass ein Ort erhoeh­te Unfall­zah­len auf­wies, um irgend eine Mass­nah­me ergrei­fen zu koennen.

    Just Mit­te Juli wur­den StVG und StVO refor­miert, jetzt duer­fen Gemein­den von sich aus 30er-Zonen, Bus­spu­ren, Fuss­gaen­ger­ueber­we­ge etc schaf­fen. Ich hof­fe, dass sich damit auch in Ber­lin was aendert…
    Gro­be Zusam­men­fas­sung von kommunal.de:
    – Künf­tig sol­len Kom­mu­nen Tem­po 30 vor Spiel­plät­zen, an hoch­fre­quen­tier­ten Schul­we­gen und Fuß­gän­ger­über­we­gen und Zebra­strei­fen leich­ter aus­wei­sen kön­nen. Das gilt auch für Stre­cken­ab­schnit­te zwi­schen zwei Tem­po-30-Stre­cken. Damit soll der Ver­kehr bes­ser flie­ßen, heißt es. Die Mög­lich­keit schließt Tem­po­li­mits auf Bundes‑, Lan­des- und Kreis­stra­ßen oder wei­te­rer Vor­fahrts­stra­ßen ein.
    – Die Kom­mu­nen erhal­ten auch mehr Spiel­räu­me bei der Ein­rich­tung von Bus­spu­ren und Radwegen.
    – Außer­dem bekom­men die Behör­den die Mög­lich­keit, Son­der­fahr­spu­ren für kli­ma­freund­li­che Mobi­li­täts­for­men anzuordnen.

  2. Also wenn ich mir die Zah­len anschaue und dann noch die Zunah­me des Auto- und Rad­ver­kehr anschaue und dann noch die deut­li­che Zunah­me E‑Rollern(auch in Sachen Unfäl­len), ent­wi­ckeln sich die Zah­len seit lan­ger Zeit zum Glück in die rich­ti­ge Richtung…Sicherlich ist jeder Ver­letz­te oder sogar Tote einer zu viel und auch ist es nach­voll­zieh­bar, wenn man mal sel­ber einen schwe­ren Ver­kehs­run­fall beob­ach­tet und dann auf­grund des Erleb­ten nach mehr Ver­kehrs­si­cher­heit ruft, aber lei­der gibt es immer den Fak­tor Men­schen und eine 100% Sicher­heit ist zwar durch­aus wün­schens­wert, aber doch eher Wunschvorstellung…

    https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2023/02/unfallstatistik-berlin-2022-berliner-polizei-unfallopfer.html

    https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1122811/umfrage/verunglueckte-und-getoetete-fahrradfahrer-berlin/

    Und wie erwähnt, wenn man dann die Zunah­me der Ver­kehrs­teil­neh­mer und auch den Aus­bau von Fahr­rad­stra­ßen, Assi­tenzssy­te­men in Lkws usw. dazu nimmt, sind die Zah­len ins­ge­samt seit gerau­mer Zeit eher Rückläufig…

    Aber dem Autor ist was die Kreu­zung angeht zuzu­stim­men, hier wäre Opti­mie­rungs­be­darf durch­aus sinn­voll, ähn­lich wie vor eini­ger Zeit
    Schönhauser/Bornholmer/Wisbyer Str.…

    Ansons­ten appel­lie­re ich immer an alle Ver­kehrs­teil­neh­mer, nehmt gegen­sei­tig Rück­sicht und ach­tet auf einander…Denn in 99,9% aller Fäl­le ver­ur­sacht nie­mand mit Absicht einen Unfall aus dem im schlimms­ten Fall noch jemand schwer ver­letzt wird oder sogar stirbt…

    Schö­nes Wochen­en­de an alle lie­ben Weddinger😉🙏

  3. Zu die­ser guten Auf­lis­tung eine Anmerkung
    „Mora­li­sche Aspek­te und die drin­gen­de Not­wen­dig­keit von Veränderungen“
    Der Fuß­gän­ger und die Kin­der sind nicht genannt, die Schwäch­ten im Verkehr.
    Jedoch, dan­ke für den Bericht. Wenn ich dort an der Bus­hal­te­stel­le ste­he fin­de ich oft die beob­ach­te­ten Situa­tio­nen wieHarakiri.

  4. das Auto ist die hei­li­ge Kuh! gera­de in Deutschland!
    die dar­an hän­gen­den Arbeits­plät­ze und Industrien!
    gefühlt über 90% der Auto­fah­ren­den lie­ben ihr Gefährt über alles. ver­wun­dert auch nicht, wenn sie vie­le zig-tau­send Euro dafür aus­ge­ben, sich verschulden.
    für vie­le ist es das Zuhau­se, wo sie für sich sein kön­nen, unab­hän­gig, allei­ne (vier Sitz­plät­ze blei­ben meis­tens frei) und natür­lich mobil. das biss­chen Stau oder zusätz­li­che Kos­ten (Sprit? Knöll­chen? Repa­ra­tur? TÜV? Win­ter­rei­fen?…) egal! Haupt­sa­che mein Auto.
    und die See­stra­ße ist ja im Grun­de Auto­bahn, die Ver­län­ge­rung der A100. Mit­ten durch die Stadt.
    wir müs­sen uns von der Idee Auto ver­ab­schie­den, Leu­te! zwei Ton­nen Gewicht moto­ri­siert durch die Gegend schie­ben, tau­send, ja mil­lio­nen­fach – das hat kei­ne Zukunft!

  5. Auch ich habe dort ein­mal einen Unfall mit­er­lebt, aller­dings erst ent­deckt, als ich nach dem rie­si­gen Knall, der ein­trat, die Karam­bo­la­ge bemerk­te, nach­dem zwei Wagen mit­ten auf der Kreu­zung zusam­men­ge­sto­ßen waren. Mein Ein­druck in die­ser frü­hen dunk­len Abend­stun­de war, dass die­se Kreu­zung Osloer/PA zu weit­räu­mig ist. Man­chem Auto­fah­rer, der bei spä­tem Grün beschwingt durch­fährt, über­sieht leicht sowohl die Tram­tras­se als auch den star­ten­den Ver­kehr der Querrichtung.
    Dar­auf soll­te ein Hin­weis an den Ampeln gege­ben wer­den: groß­flä­chi­ge Kreu­zung oder ähnlich.

    • Ich glau­be nicht, dass die Men­schen, die bei “spä­tem Grün”, wenn bereits der Quer­ver­kehr star­tet(!) auf irgend­wel­che Hin­weis­schil­der achten.

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