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Klein, aber ungewöhnlich:
“Theke”: Entdeckung der Einfachheit

Ein Ecklokal wie kein anderes - die kleine Schwester eines Kreuzberger Restaurants überrascht nicht nur mit seiner Lage, sondern auch mit einzigartiger Atmosphäre und einer originellen Herkunft des Essens und der Getränke

Die­ser Ort ist herr­lich ana­log, inmit­ten von For­schungs­ge­bäu­den, am Rand des Wed­ding. Gas­tro­no­mie wür­de man im nüch­ter­nen Gebäu­de, das jahr­zehn­te­lang für die Spi­ri­tuo­sen­her­stel­lung bekannt war, nicht ver­mu­ten. Und doch passt alles zusam­men, genau hier, genau mit die­sem Konzept.

Ich kom­me gleich­zei­tig mit Tom Michel­ber­ger an, dem Besit­zer des gleich­na­mi­gen Hotels am U‑Bahnhof War­schau­er Stra­ße. Eine Zufalls­be­geg­nung, und wie sich her­aus­stellt, ein glück­li­cher Zufall. Auch sei­ne Frau Nadi­ne ist vor Ort, sie sieht in der „The­ke“ nach dem Rech­ten. Erst im letz­ten Jahr haben die bei­den die Preu­ßi­sche Spi­ri­tuo­sen­ma­nu­fak­tur unter dem Namen MXPSM im Wed­ding über­nom­men, jetzt haben sie das alte Lager im Erd­ge­schoss in ein klei­nes Bis­tro ver­wan­delt. Das ruhi­ge, etwas ver­wil­der­te Gelän­de zwi­schen Ver­suchs- und Lehr­braue­rei, For­schungs­ge­bäu­den und dem Virch­ow­kli­ni­kum ist wie geschaf­fen dafür, die Son­ne und die Ruhe zu genie­ßen. Und gutes Essen. „Wir mögen Hand­werk und Gast­lich­keit“, sagt Nadi­ne Michel­ber­ger. Hier brin­ge man das zusam­men, mit dem Men­schen im Zen­trum. Vor allem begeis­tert sie, was sie dort vor­ge­fun­den haben: „Die alten Flie­sen, die alten Türen, die gro­ßen Fens­ter“, sagt sie.

Die Köche sind Sam und Gior­gio, die schon in Michel­ber­gers Kreuz­ber­ger Restau­rant ORA oder im Hotel­re­stau­rant arbei­ten. Hier, an die­sem ursprüng­li­chen Ort, der zugleich auf 150 Jah­re Destil­le­rie-Tra­di­ti­on zurück­schau­en kann, gibt es ein­fa­che, aber raf­fi­nier­te klei­ne Gerich­te. Leber­kä­se, Käse­krai­ner, gegrill­ter Hall­o­u­mi oder, was ich pro­biert habe, ein Auber­gi­nen­schnit­zel. „Klei­nig­kei­ten zum Fei­er­abend“ nennt es Tom Michel­ber­ger, der ein rosa Base­cap mit der Auf­schrift „Rose Spritz“ trägt. Das bezieht sich auf den Rosen­li­kör mit Pro­sec­co, den man in der The­ke pro­bie­ren kann. Der Likör kommt aus dem ange­schlos­se­nen Hof­la­den, in dem es die bewähr­ten Likö­re, den Adler Gin, die Schnäp­se und Obst­ler aus der MXPSM-Manu­fak­tur im ers­ten Stock gibt. 

Doch nicht nur die alko­ho­li­schen Spe­zia­li­tä­ten stam­men aus eige­ner Pro­duk­ti­on. „Wir haben im Spree­wald eine Farm gegrün­det, in der es 15.000 ess­ba­re Bäu­me, Sträu­cher, Pflan­zen und mehr­jäh­ri­ge Gemü­se­sor­ten gibt“, erklärt Tom Michel­ber­ger. Damit wird nicht nur ein gro­ßer Teil des Bedarfs des Hotels und der Restau­rants abge­deckt, son­dern dort wach­sen auch Zuta­ten für die Spi­ri­tuo­sen­ma­nu­fak­tur, wie Laven­del. In der “The­ke” wie­der­um­gibt es zum Bei­spiel Kuchen mit Rha­bar­ber aus der Spree­wäl­der Farm. „Wir wol­len das, was auf dem Feld pas­siert, auf den Tisch brin­gen“, sagt der Unternehmer.

Fotos: Max Han­nes Beutler

Die “The­ke” ist ein ein­fach gehal­te­ner Raum mit besag­ter The­ke, an der man in die offe­ne Küche sehen kann. Der Clou sind aber die rie­si­gen Pan­ora­ma­fens­ter, die den Raum mit der Ter­ras­se, die sich um das an einer Haus­ecke gele­ge­ne Lokal erstreckt, und der Umge­bung ver­schmel­zen las­sen. Wenig Schnick­schnack, dafür aber viel Licht. Die in war­men Far­ben, den­noch sehr schlicht gehal­te­ne Ein­rich­tung lenkt nicht davon ab, dass sich in der “The­ke” alles um mensch­li­che Begeg­nun­gen bei gutem Essen dreht. Hier geht es um Wert­schät­zung für das Hand­werk und die Ein­fach­heit, nicht um eine fan­cy Ein­rich­tung. Auch drau­ßen lässt es sich gut auf der Ter­ras­se aus­hal­ten, kein Ver­kehrs­lärm stört die luf­ti­ge Bra­che zwi­schen den For­schungs­ge­bäu­den, wo noch nicht jeder Qua­drat­me­ter ver­plant ist wie ande­ren­orts in die­ser Stadt. Wenn man sich dem Back­stein­bau nähert oder im Außen­be­reich Platz nimmt, hat man den alten Schrift­zug „The­ke“, einst eine Apo­the­ken­wer­bung aus Süd­deutsch­land, immer im Blick. Das ist herr­lich analog.

Wenn ihr die­sen wun­der­schö­nen, ein wenig ent­rück­ten Ort in einer kaum beach­te­ten Ecke des Wed­ding ent­de­cken wollt: Sucht euch einen schö­nen Tag, um Essen, Trin­ken und Son­ne zu genießen. 

THEKE, See­str. 13, Mo-Mi 12–17 Uhr, Do/Fr 12 Uhr – Son­nen­un­ter­gang, Insta­gram

Fotos: Max Han­nes Beutler

Joachim Faust

hat 2011 den Blog gegründet. Heute leitet er das Projekt Weddingweiser. Mag die Ortsteile Wedding und Gesundbrunnen gleichermaßen.

4 Comments Leave a Reply

  1. THEKE, See­str. 13, Mo-Mi 12–17 Uhr, Do/Fr 12 Uhr – Son­nen­un­ter­gang. ein schö­ner Ort für Essen und Sonnenuntergänge.
    Lei­der fin­den sich im Inter­net (noch) ande­re, nicht aktu­el­le ? Öffnungszeiten.

    Es ärgert mich immer sehr sehr sehr, wenn Kon­takt­da­ten im Web nicht aktu­ell sind, denn man macht sich
    sol­che Wege­zei­ten und Mühen, irgend­wo­hin zu Ver­ab­re­dun­gen zu kommen, .… .…

  2. Klingt noch inter­es­san­ter als ande­re Gast­stät­ten­be­schrei­bun­gen des Weddingweiser.
    Nur die Prei­se wer­den nicht ver­ra­ten, auch nicht auf den digi­ta­len Sites des “The­ke”: Was hat das bloß zu bedeuten?

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