Ein Spaziergang über die fast 100.000 m2 großen, miteinander verbundenen Friedhöfe St. Johannis II, St. Paul und Nazareth I an der Seestraße führt durch eine historische und grüne Oase, in der Grenzen verschwimmen und die Geschichte lebendig wird.
In den 1860er Jahren begannen die evangelischen Kirchengemeinden Johannes in Moabit, Nazareth im Wedding und St. Paul am Gesundbrunnen, an der vor der Stadt liegenden Seestraße neue Friedhöfe anzulegen. Was alle Kirchengemeinden, die die Friedhöfe begründet haben, gemeinsam haben, ist, dass ihre Kirchgebäude allesamt von Carl Friedrich Schinkel in recht ähnlicher Formensprache gebaut wurden. Und so ist es nicht verwunderlich, dass heute auch die drei Friedhöfe fließend ineinander übergehen. Die symmetrischen, von Bäumen gesäumten Wege und die dichte Vegetation verbinden die drei Bereiche so harmonisch, dass die Grenzen der einzelnen Friedhöfe kaum wahrnehmbar sind. Es fühlt sich an wie ein großer, durchdachter Park, in dem sich Natur und Friedhofskultur vereinen. Obwohl die drei Friedhöfe eine fast parkähnliche Atmosphäre schaffen, ist das Rauschen der nahen Seestraße allgegenwärtig. Es bildet einen leisen Hintergrundklang.
Historische Grabstätten und Monumente
Jeder Friedhof hat seinen eigenen Charakter:
- St. Johannis II beeindruckt mit einer gut erhaltenen Reihe repräsentativer Erbbegräbnisse im Stil der Neorenaissance, ergänzt durch Elemente aus Jugendstil, Neobarock und Neoklassizismus.
- St. Paul besticht durch neoklassizistische Monumente und eine monumentale Grabwand aus Muschelkalk mit Dreiecksgiebel, die um 1910 entstand.
- Nazareth I, der älteste der drei, bietet nur noch wenige historische Grabmale, wie das neobarocke Grab des Stadtverordneten Fritz Schultze. Hier befindet sich auch eine rote Backsteingrabwand aus der Zeit um 1900.
Die Kapelle – ein stilles Herzstück
Ein besonderes Highlight des Friedhofs Nazareth I ist die Kapelle im vorderen Teil des Kirchhofes. Sie wurde 1953 - 54 von Fritz Berndt auf den Grundmauern der ursprünglichen Kapelle errichtet. Nach einer Renovierung im Jahr 2006 strahlt sie heute eine schlichte Eleganz aus und ist innen hell gestaltet, was eine Atmosphäre der Ruhe und Besinnlichkeit schafft.
Über 750 Bäume, darunter eine Blutbuche als Naturdenkmal in St. Johannis, und alte Rhododendren verleihen den Friedhöfen einen parkähnlichen Charakter. Die Vegetation nimmt die Strenge der architektonischen Struktur zurück. Selbst die Wege, die die Friedhöfe verbinden, wirken wie natürliche Pfade, die zum Erkunden einladen.
Entlang der hinteren Grundstücksgrenze zum Goethepark hin erstreckt sich eine beeindruckende Reihe repräsentativer Erbbegräbnisse im Stil der Neorenaissance, des Neoklassizismus, des Neobarocks und des Jugendstils. Diese Grabstätten, eingerahmt von niedrigen Mauern und Resten schmiedeeiserner Gitter, bilden eine geschlossene Friedhofsmauer. Zusätzlich gibt es eine weitere neoklassizistische Grabwand, die den monumentalen Charakter der Anlage unterstreicht. Die Vielfalt der Grabmalkunst zeigt sich hier in beeindruckender Weise.