Dieser „Familienbetrieb“ gehört zu den außergewöhnlichsten im Wedding. Ein Rentnerpaar aus Korea bietet an zwei Tagen ein koreanisches Mittagsmenü, ein Franzose an weiteren zwei Tagen ein vegetarisches oder veganes französisches Menü mit einer Galette als Hauptbestandteil. Zeit, sich dieses originelle Konzept einmal näher anzuschauen.
An nur drei Stunden ist dieses Restaurant geöffnet, und nur von Montag bis Donnerstag, es gibt lediglich ein mehrgängiges Menü für 10 Euro – bei diesen eingeschränkten Zeiten bin ich froh, dass mir Grégoire dieses Restaurant außerhalb der regulären Zeiten zeigen kann. Der 37-jährige Franzose ist eigentlich klassisch ausgebildeter Musiker und Komponist, doch – da entspricht er ganz einem französischen Klischee – kocht er auch sehr gerne. Diese Leidenschaft teilt er mit seinen Schwiegereltern, einem koreanischen Paar. Statt sich als Rentner auszuruhen, bekochen sie andere mit großer Leidenschaft. Ursprünglich taten sie das nur für die Beschäftigten der Firma Möbel-Horzon, einer Fabrik für formschöne Regalwände in einem Hinterhof in der Prinzenallee. Doch als der Asiashop neben der Fabrik frei wurde, mietete das Rentnerpaar kurzerhand das langgezogene Geschäft und verwandelte es vor sechs Jahren in das vegane Mittagsrestaurant, das es bis heute ist. Zwei bis drei Tage wurden dann von einem japanischen Koch abgedeckt, der aber in der Corona-Zeit aufgab.
„An den beiden Öffnungstagen kommen schon einmal bis zu 50 Gäste, die meisten sind Stammgäste“, sagt Grégoire. Als sich 2021 die Frage stellte, ob seine Schwiegereltern das Restaurant allein würden halten können, griff er kurzerhand zu und eröffnete an zwei bis drei Tagen der Woche das „Planeige“.
Was es von anderen französischen Restaurants unterscheidet? „Mir fehlte die einfache französische Küche in Berlin“, erklärt der gebürtige Pariser. Und das heißt zum Beispiel: Galettes, ursprünglich aus der Bretagne stammende Getreidepfannkuchen aus Buchweizen. „Das Mehl muss ich zum Teil importieren“, erklärt Grégoire. Denn das Buchweizenmehl ist in Frankreich anders zusammengesetzt und grober – wichtig dafür, dass es in Verbindung (nur) mit Wasser den Teig ergibt. „Er enthält kein Ei, keine Milch und auch kein Gluten“, sagt Grégoire, der sich die Tricks und Kniffe für Galettes von einem bekannten Marktverkäufer aus Charlottenburg hat zeigen lassen. Wichtig ist, dass der Teig mindestens einen Tag ruht, um die perfekte Konsistenz zu haben. Typisch ist am Ende auch die Faltung der Galette zu einem Quadrat.
Beim Menü gibt es eine Galette der Woche und ansonsten ziemlich originelle Kreationen, zum Teil mit koreanischem Einschlag. Wo bitte könnt ihr Galettes mit Kimchi bekommen? Oder mit veganer Gochujang-Rahmsauce? Oder mit Algentartar- oder Zwiebelconfit? Manchmal gibt es auch Galette Normande, mit Apfelstücken in Calvados und mit Camembert. Jedes Mal gibt es auf jeden Fall eine Gemüsecremesuppe und einen Salat plus einen Tee. Trotz der unübersehbaren asiatischen Einflüsse bei den Galettes kocht Grégoire aber nicht mit seinen Schwiegereltern gemeinsam – jeder nutzt Küche und Gastraum getrennt voneinander.
In einem Regal an der Wand befindet sich eine Stereoanlage, dort stehen auch ein paar Vinyl-Platten. „Bei uns läuft immer Musik“, erklärt Grégoire, wenngleich er Wert darauf legt, dass es nicht nur französische Klänge sind, die die Gäste erwarten. Der langgezogene minimalistische Gastraum, die nüchternen Holzbänke und ‑tische und das große Fenster zur geschäftigen Prinzenallee – darauf das Logo mit zwei sich überschneidenden Kreisen als Symbol für die beiden Küchen, die hier eine Verbindung eingehen: All das bringt eine ungewohnte Note in den migrantisch geprägten Kiez rund um die Badstraße.
koreanisch Dal Tokki (Mo/Di),
französisch Planeige (Mi/Do)
Prinzenallee 83, 12–15 Uhr