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Multimedia-Kunst beeinflusst Subkultur:
Flufflord: In Horror-Schlappen durch den Wedding

Malerei, Digitalkunst, Musikvideos, Fantasy-Romane und Black Metal fließen zu einem verstörend-schönen Stil zusammen

Ange­sie­delt zwi­schen Ani­me und LSD-Über­do­sis deckt die Muli­ti­me­dia-Kunst von Tea Stra­zi­cic ali­as „Fluf­flord” ein gro­ßes Spek­trum ab: Male­rei, Digi­tal­kunst, Musik­vi­de­os, Fan­ta­sy-Roma­ne und Black Metal flie­ßen zu einem ver­stö­rend-schö­nen Stil zusam­men, der von Shang­hai bis Los Ange­les Unter­grund- und Club­kul­tu­ren prägt. Berühmt und berüch­tigt wur­den vor allem Fluf­flords „Scul­ly-Slip­pers”.

Sogar Star-Schau­spie­ler Jared Leto bestell­te ein Paar der Hor­ror-Schlap­pen aus dem 3D-Dru­cker – „lei­der hat­te ich Grö­ße 45 nicht mehr vor­rä­tig”, sagt Stra­zi­cic und lacht. Die non­bi­nä­re Nonkonformist*in aus Kroa­ti­en wohnt seit April 2019 an der Ost­ender Stra­ße im Wed­ding. Ein kroa­ti­scher Kunst­pro­fes­sor hat Stra­zi­cic hier sei­ne Woh­nung über­las­sen, die er davor vor allem als Lager für sei­ne Samm­lung nutz­te. „Jedes Möbel­stück ist ein Kunst­werk. Ich muss auf­pas­sen, dass ich nichts ruiniere”.

Momen­tan lagert Stra­zi­cic in dem Apart­ment selbst 300 selbst­de­sign­te Plüsch­fi­gu­ren. Sie will sich in Zukunft mehr auf Pro­dukt­de­sign kon­zen­trie­ren. „Damit kann man bes­ser ver­die­nen.” Im kroa­ti­schen Dubrov­nik hat Stra­zi­cic Male­rei stu­diert. Spä­ter mach­te sie einen Mas­ter am „Ani­ma­ti­on and new media”-Institut der Kunst­aka­de­mie von Zagreb. Nach einem kur­zen Inter­mez­zo in Los Ange­les kam Stra­zi­cic wie vie­le ande­re Künst­ler nach Ber­lin, weil sich die inter­na­tio­na­le Kunst­sze­ne hier nach wie vor ver­netzt und man schnell über­all in Euro­pa ist. „In Ber­lin ist es viel ein­fa­cher als in Kroa­ti­en, Leu­te oder Sti­pen­di­en zu fin­den, und Sachen auf die Bei­ne zu stellen.”

Kurz leb­te Stra­zi­cic in Fried­richs­hain und Neu­kölln. Die Son­nen­al­lee habe sie jedoch zu sehr an Zagreb erin­nert. „Zu eng und zu viel Ver­kehr”. Den Nor­den Ber­lins habe sie dage­gen „lan­ge nicht auf der Kar­te gehabt”. „Ich war über­rascht, wie grün es hier ist, mit all den Parks und dem Plöt­zen­see.” Am Anfang habe nie­mand nach Wed­ding auf Besuch kom­men wol­len. „Mei­ne Freun­de sag­ten: Wir fah­ren ganz sicher nicht so weit, bist du ver­rückt?”, erin­nert sich Stra­zi­cic. Mit der Zeit sei­en dann aber immer mehr Künst­ler her­ge­zo­gen. „Man trifft sich mitt­ler­wei­le auf der Stra­ße und ist über­rascht – was, du lebst auch im Wedding?”

Tea Stra­zi­cic – Foto: Angus S. Green

Die meis­ten Kunst-Gale­rien sei­en zwar nach wie vor in Mit­te. Mit dem Cal­lies und dem Silent Green gäbe es aber auch hier mitt­ler­wei­le gute Aus­stel­lun­gen und Kunst-Spaces. Sie selbst mag die Par­ties von Cream­ca­ke, geht ger­ne zum Essen ins Coral­lio oder Pool spie­len im B‑Max an der Naza­reth­kir­che „Mir gefällt die Stim­mung mit den künst­li­chen Pal­men und dem Fern­se­her, auf dem die gan­ze Zeit MTV läuft”.

Wed­ding ist mitt­ler­wei­le der liebs­te Stadt­teil der Fluf­flord-Crew in Ber­lin. „Nur fällt man hier in exzen­tri­scher Klei­dung noch mehr auf als in ande­ren Stadt­tei­len”, sagt sie und schlägt die Bei­ne über­ein­an­der, an deren Enden die gehörn­ten Skull-Slip­per ihre Füße zie­ren. Um die Lan­ge­wei­le wäh­rend der Pan­de­mie zu über­brü­cken sei sie mit Freun­den ger­ne mal am Diens­tag­mor­gen in den Kar­stadt am Leo­pold­platz gegan­gen, kom­plett ange­zo­gen wie die Dark-Wave-Band The Cure. „Mit Perü­cken und allem. Wir wur­den defi­ni­tiv ange­starrt”, resü­miert Stra­zi­cic tro­cken. Trotz allem sei aber auch der Wed­ding immer noch Ber­lin, nicht ver­gleich­bar mit Stra­zi­cic’ Hei­mat­stadt Dubro­vik. „Wenn ich dort mit mei­ner Ber­lin-Crew unter­wegs bin, haben die Leu­te regel­recht Angst oder den­ken wir kom­men direkt vom Set von Game Of Thro­nes.” (Die Serie wur­de z.T. in Dubrov­nik gedreht – Anm. des Autors).

Fotos: Fluf­flord

Und hier könnt ihr die Scul­ly Slip­pers bestellen

Fabian Peltsch

Seit Jugendtagen wollte Fabian Peltsch in immer größeren Städten leben. Vom Dorf am Bodensee arbeitete er sich langsam hoch bis nach Peking. 2013 verschlug es ihn in den Wedding, wo er endlich die Balance zwischen urbanem Wahnsinn und nachbarschaftlicher Heimeligkeit gefunden hat. Hauptberuflich schreibt er als China-Experte für das Medienhaus Table.Media und als Kulturjournalist für den Rolling Stone und den Musikexpress. Sein Hauptquartier liegt am Nordufer.

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