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Kitamangel: Klagt und habt Ansprüche! Eine andere Perspektive

14. März 2018
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Deutsch-Französische Kita Wedding
Ber­lin-eige­ne Kita im Wedding

Letz­te Woche gab es auf unse­ren Pinn­wän­den und im Blog zu dem Kom­men­tar über feh­len­de Kita-Plät­ze vie­le Dis­kus­sio­nen. Die­ser Bei­trag ist kei­ne Ant­wort, son­dern zeigt viel­mehr eine ande­re Per­spek­ti­ve auf das glei­che Problem.

Ich hat­te mich geär­gert, und zwar nicht, weil der Autor eine ande­re Mei­nung hat als ich, son­dern weil ich mich unver­stan­den und fast belei­digt fühl­te. In eine abwer­ten­de Schub­la­de vol­ler Vor­ur­tei­le hat­te man mich gestopft. Die Kita-Situa­ti­on, so wie ich sie sehe, sieht näm­lich ganz anders aus!

der Autor Mein Name ist Samu­el, ich bin 37, selb­stän­dig und woh­ne seit 2003 im Wed­ding. Wir haben aktu­ell ein Kind, ab Som­mer dann ein Zwei­tes. Nach der ein­jäh­ri­gen Eltern­zeit woll­ten und muss­ten mei­ne Frau und ich wie­der ganz unse­rer Arbeit nach­ge­hen, um unse­ren Lebens­un­ter­halt finan­zie­ren zu kön­nen. Mei­ne auf­trags­ba­sier­te Fle­xi­bi­li­tät passt gut zum zeit­in­ten­si­ven Job mei­ner Frau. Mit ihrer vol­len Stel­le in einer Wed­din­ger Schu­le wirkt sie dem per­ma­nen­ten Leh­rer­man­gel ent­ge­gen. Ohne die Ent­las­tung durch unse­re Kita wären wir total aufgeschmissen.

Wie in unse­rem Haus­halt sind auch in unse­rem Freun­des­kreis meist bei­de Eltern voll berufs­tä­tig, um die stän­dig stei­gen­den Kos­ten tra­gen zu kön­nen. Konn­ten Gene­ra­tio­nen vor uns noch von einem Gehalt leben, so ist es heu­te nur noch die Aus­nah­me, wenn eine® für das Kind zu Hau­se bleibt. Dass eine Rechts­grund­la­ge geschaf­fen wur­de, wel­che eine Kin­der­be­treu­ung garan­tiert, ist mei­ner Ansicht nach eine not­wen­di­ge Ent­las­tung. Und wir sind dank­bar, in Ber­lin ist die­se Betreu­ung kos­ten­frei! Es ist ein unglaub­li­cher gesell­schaft­li­cher Fort­schritt, der mir zeigt, dass die­se Stadt auch modern sein kann. Die­se sozia­le Errun­gen­schaft ist in mei­nen Augen über­aus vor­bild­lich und erstrebenswert.

Welchen Anspruch gibt es eigentlich?

“Seit dem 1. August 2013 haben Kin­der bereits von ihrem ers­ten Geburts­tag an einen Anspruch auf einen Kita-Platz. Der Senat, die Bezir­ke und die Kita-Trä­ger haben dafür gesorgt, dass aus­rei­chend Kita-Plät­ze zur Ver­fü­gung ste­hen. Damit eröff­nen sich den Kin­dern bereits vor ihrer Schul­zeit her­vor­ra­gen­de Bil­dungs­chan­cen. Dar­über hin­aus erge­ben sich hier­mit bes­te Vor­aus­set­zun­gen für die Ver­ein­bar­keit von Fami­lie und Beruf.”  Quelle

Bisher kein sichtbarer Erfolg…

Kinder auf einer Wippe in einer Kita
Kin­der­be­treu­ung ist wich­tig für den Erfolg von allen

…denn der Bedarf an Kita-Plät­zen in Ber­lin ist immens: Die Stadt wächst, sogar die Gebur­ten­ra­te steigt. In vie­len Bezir­ken ist es daher sehr schwer und nicht sel­ten unmög­lich, einen Kita­platz für sein Kind zu bekom­men. Die Stadt kommt mit dem Bau­en (und Betrei­ben) von Ein­rich­tun­gen nicht hin­ter­her, zu trä­ge schei­nen die Mil­lio­nen aus diver­sen För­der­pro­gram­men zu fruch­ten. Doch das sind alles kei­ne neu­en Erkennt­nis­se, schon lan­ge war klar, wie es kom­men wür­de. Der benach­bar­te Prenz­lau­er-Berg (aka. Pregnan­cy-Hill) war bereits vor über zehn Jah­ren ein Para­de­bei­spiel für den ver­schla­fe­nen Bedarf an Kita-Plät­zen. Nun ist das Kind wohl ganz in den sprich­wört­li­chen Brun­nen gefal­len, denn es gibt in den meis­ten Bezir­ken mehr Kin­der als Kita-Plät­ze. Und zukünf­tig wird es noch schlim­mer. Wer hier sei­ne per­sön­li­che Kar­rie­re oder gar die Exis­tenz bedroht sieht, hat mei­ner Mei­nung nach allen Grund zu kla­gen – auch vor Gericht.

Welche Lösungen gibt es?

Der Senat muss schnel­ler wer­den. Es müs­sen mehr Stel­len geschaf­fen, mehr Räu­me aus­ge­stat­tet und die Pro­ze­du­ren vereinfacht/beschleunigt wer­den. Dann gibt es hof­fent­lich auch mehr Kita-Plät­ze für unse­re Kinder.

Kind allein in der Kita
Eine Kita bie­tet Abwechs­lung im Kinderalltag

Die Ein­rich­tun­gen müs­sen sich den Arbeits­zei­ten von heu­te anpas­sen. Die Geschäfts­zei­ten in Büros und im Job all­ge­mein haben sich ver­än­dert. Nur das Kind muss meis­tens bis 17 Uhr abge­holt sein. Das passt nicht mehr zusammen.
Die Gehäl­ter der Erzie­he­rin­nen und Erzie­her müs­sen erhöht wer­den. Der Beruf muss für Schul­ab­gän­ger und Quer­ein­stei­ger attrak­tiv und lukra­tiv sein.
Zusatz­bei­trä­ge soll­ten kon­se­quent unter­bun­den wer­den, im Gegen­zug fän­de ich eine ein­kom­mens­ab­hän­gi­ge Betei­li­gung an den Kos­ten einer Kita nicht abwegig.
Statt sich bei 50 Kitas ein­zu­tra­gen: War­um gibt es eigent­lich kei­ne zen­tra­le War­te­lis­te für Kita-Plätze?

Aber die­se not­wen­di­ge Siche­rung der Kin­der­be­treu­ung ist nicht die Auf­ga­be von ein­zel­nen, beruf­lich stark gefor­der­ten Eltern, son­dern die einer gan­zen Gemein­schaft bzw. des Staa­tes. Daher wie­ge ich gern die Dank­bar­keit für neue Errun­gen­schaf­ten in Ber­lin (Rechts­an­spruch auf kos­ten­freie Kin­der­be­treu­ung) gegen die Ver­säum­nis­se bei der Umset­zung des Rechts­an­spruchs auf.

Mein Fazit: Macht ruhig wei­ter so – erhebt wei­ter­hin Ansprü­che und kämpft für mehr Kita-Plät­ze. Und falls hier jemand eine Kita grün­den möch­te und kann, nur zu!

 

Samuel Orsenne

Samuel ist ein Großstadtmensch, der im Wedding sein Zuhause gefunden hat. Mit seiner Familie lebt er im Kiez rund um die Bellermannstraße. Neben der Arbeit als IT-Fachmann engagiert er sich im Quartiersrat und natürlich beim Weddingweiser und betreut u.a. Marktstände, Technik und die Verwaltung der Weddingweiser UG.

1 Comment

  1. Lie­ber Samu­el, vie­len Dank für dei­ne konstruktive(re), differenzierte(re), lebensnahe(re) und aktuelle(re) Per­spek­ti­ve auf die Kita- und Eltern-Situa­ti­on im Wedding!

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