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Verkehr: Die Ausnahme ist im Wedding die Regel

17. Januar 2018
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Parken ohne Nummernschild auf der Badstraße. Foto Andrei Schnell.
Zwei­te-Rei­he-Par­ker in der Bad­stra­ße. Foto And­rei Schnell.

Manch­mal staunt man, wie nah eine gefühl­te Rea­li­tät der Wirk­lich­keit kommt. Bei­spiel: Ver­kehr. Am Frei­tag (12.1.) hat die Poli­zei fast vier Stun­den auf den Haupt­stra­ßen im Wed­ding und in Gesund­brun­nen Autos kon­trol­liert. Man ver­mu­tet schon, dass die Beam­ten bei einem Teil der Wagen Grund zur Bean­stan­dung gehabt hät­ten – Falsch­par­ken und so. Tat­säch­lich waren es, man glaubt es kaum, 80 Prozent!

„194 über­prüf­te Autos. 158 Owis. 7 Män­gel­be­rich­te. 3 Straf­an­zei­gen. 1 sicher­ge­stell­tes Fahr­zeug. Das ist das Ergeb­nis des Ein­sat­zes, den unse­re Kol­le­gen des Ver­kehrs­diens­tes und der Bereit­schafts­po­li­zei ges­tern gemein­sam mit dem Ord­nungs­amt durch­führ­ten“, twit­ter­te die Poli­zei nach der Akti­on. Die so lus­tig klin­gen­den Owis, Ord­nungs­wid­rig­kei­ten, sind, man ahnt es: Par­ken an Kreu­zun­gen und Fuß­gän­ger­fur­ten oder in zwei­ter Rei­he. Das unge­hemm­te Abstel­len von Autos auf Fahr­rad­schutz­strei­fen  (Fahr­rad­we­gen) zwingt Rad­fah­rer zu lebens­ge­fähr­li­chen Sla­lom­fahr­ten. Aber auch Auto­fah­rer, die in durch Zwei­te-Rei­he-Par­ker erzeug­tem sto­cken­den Ver­kehr oder gar Stau ste­hen, sind vom Ver­hal­ten sol­cher Wild­par­ker genervt.

Parken nach Gusto auf der Badstraße. Foto Andrei Schnell.
Mal kurz quer par­ken? Foto: And­rei Schnell

Was die Poli­zei­ak­ti­on auf Mül­lerstra­ße, Bad­stra­ße & Co. aber auch zeigt: Offen­sicht­lich glaub­te kei­ner der Zwei­te-Rei­he-Par­ker oder Raser, dass ihr Regel­ver­stoß jemals geahn­det wer­den könn­te. Sonst wür­de sich die­se Rück­sichts­lo­sig­keit nicht so flä­chen­de­ckend in die­ser Stadt aus­ge­brei­tet haben. „Ein Mer­ce­des AMG-Fah­rer mach­te durch quiet­schen­de Rei­fen und deut­lich über­höh­te Geschwin­dig­keit am Leo­pold­platz beson­ders auf sich auf­merk­sam“, schreibt die Poli­zei auf Twit­ter und lie­fert auch gleich die dreis­te und zugleich selbst­be­wuss­te Erklä­rung des wenig schuld­be­wuss­ten Fah­rers hin­ter­her: „Ich hat­te die Race-Funk­ti­on ein­ge­stellt. Das Auto hat eben etwas mehr PS!“

Bleibt zu hof­fen, dass die Ord­nungs­hü­ter nicht nur in pres­se­wirk­sa­men Akti­ons­wo­chen tätig wer­den, son­dern zukünf­tig regel­mä­ßi­ger im ganz nor­ma­len All­tag auf Ber­lins Stra­ßen. Bleibt zu hof­fen, dass auf Zwei­te-Rei­he-Par­ken und Rase­rei im Stra­ßen­ver­kehr bald regel­mä­ßig Stra­fen erho­ben wer­den, die den Geld­beu­tel rück­sichts­lo­ser Ver­kehrs­teil­neh­mer ordent­lich belas­ten. Dann wird der Regel­ver­stoß eines Tages, auch im Wed­ding, viel­leicht wie­der zur Ausnahme.

Joachim Faust

hat 2011 den Blog gegründet. Heute leitet er das Projekt Weddingweiser. Mag die Ortsteile Wedding und Gesundbrunnen gleichermaßen.

3 Comments

  1. Sicher­lich sind falsch par­ken­de Autos im Stra­ßen­ver­kehr ner­vig. Das Fahr­ver­hal­ten man­cher Ver­kehrs­teil­neh­mer, wie der beschrie­be­ne Fall des AMG Fah­rers, grenzt viel zu oft an Gemein­ge­fähr­lich­keit. Nicht ersicht­lich ist mir jedoch, wie der argu­men­ta­ti­ve Bogen hin zu mehr Poli­zei­prä­senz gerecht­fer­tigt wird. Tat­säch­li­che Ver­kehrs­kon­trol­len bil­den zum einen eine ähn­li­che Belas­tung für den Stra­ßen­ver­kehr wie die Falsch­par­ker selbst. Zum ande­ren gibt es zur Ahn­dung von Ord­nungs­wid­rig­kei­ten das Ord­nungs­amt. Es erscheint mir doch para­dox auf der einen Sei­te der Aus­wei­tung von Poli­zei­be­fug­nis­sen und Über­wa­chung etc. skep­tisch gegen­über zu ste­hen und auf der ande­ren Sei­te in jedem klei­ne­ren Inter­es­sen­kon­flikt die Poli­zei bemü­hen zu wollen.
    Es ist doch auch völ­lig klar, dass bei dem gestei­ger­ten Ver­kehrs­auf­kom­men in Ber­lin und dem Zubau­en von Park­flä­chen auch mit noch so vie­len Stra­fen und Buß­gel­dern kei­ne Lösung der inner­städ­ti­schen Ver­kehrs­pro­ble­me zu erzie­len ist.

  2. Im Gegen­satz zu mei­ner Jugend­zeit, wo ich, wie wohl vie­le, in Regeln, Geset­zen und Poli­zei eher das Begren­zen­de, Ein­engen­de gese­hen habe, emp­fin­de ich das mit fast Mit­te 60 jetzt etwas anders. Der Mensch – viel­leicht auch beson­ders der Wed­din­ger – braucht Regeln, Geset­ze und Poli­zei, wenn er sich selbst nicht regu­lie­ren kann. Dass er das nicht kann, bemerkt man lei­der täg­lich in der Stadt. Charme sucht man vergeblich!

    • Ich wür­de Sie gern auf die Inkon­sis­tenz ihres Argu­men­tes hin­wei­sen: Sie geste­hen sich selbst zu in ihrer Jugend, wie das wohl so üblich ist, in Regeln, Geset­zen und Poli­zei eher das Begren­zen­de und Ein­engen­de gese­hen zu haben. Nun sind sie älter und glau­ben einen grö­ße­ren Vor­teil von Regeln, Geset­zen und der Poli­zei zu haben. Ihre For­de­rung nach Regu­lie­rung, jetzt wo sie älter sind, mag zwar durch­aus der gesell­schaft­li­che Nor­mal­fall sein, birgt aber inso­fern eine Inkon­sis­tenz, als dass jun­ge Men­schen auch heu­te noch, genau wie Sie frü­her, in Regeln, Geset­zen und Poli­zei eher das Begren­zen­de und Ein­engen­de sehen. Das die­se bei­den Mei­nun­gen, alt gegen jung, also erst ein­mal bei­de Berech­ti­gung haben, wer­den Sie zuge­ste­hen müs­sen, da sie selbst ein­mal die Mei­nung der Jugend ver­tre­ten haben.
      Das Pro­blem was sich hier auf­tut ist jetzt fol­gen­des: Die Jugend will nicht mehr Gesetz­te, Regeln und Poli­zei. Sie glaubt in der der­zei­ti­gen Welt ganz gut zurecht zu kom­men. Die Alten hin­ge­gen wol­len mehr Gesetz­te, Regeln und Poli­zei – nicht weil die Jugend es braucht – son­dern weil die Alten selbst es brau­chen, um sich in einer Welt die nicht mehr von ihnen (den Alten) selbst, son­dern von der nächs­ten Gene­ra­ti­on bestimmt und gestal­tet wird, zurecht­zu­fin­den. In einer altern­den Gesell­schaft birgt das die gro­ße Gefahr, dass die Alten mit ihrer Selbst­be­zo­gen­heit der Jugend die Frei­heits- und Ent­fal­tungs­mög­lich­kei­ten, die sie selbst in ihrer Jugend genie­ßen durf­ten, ohne böse Absicht ver­baut. Man kann dabei durch­aus an den Brexit denken. 

      Sicher­lich hat das jetzt nur am Ran­de etwas mit Falsch­par­kern zu tun. Aber das gilt für Ihre kon­tro­ver­se Per­spek­ti­ve auf die Not­wen­dig­keit ver­stärk­ter gesell­schaft­li­cher Regu­lie­rung wohl auch.

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