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GESCHLOSSEN Antik Café: Ein neuer Stern am Leo

10. November 2017
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Anne und Haidar, die Betreiber des Antik Cafés in der Nazarethkirchstraße. Foto: Andreas Oertel
Anne und Hai­dar, die Betrei­ber des Cafés. Foto: A. Oertel

Zu West-Ber­li­ner Zei­ten war der Leo­pold­platz für mich der Nabel der Welt. Kar­stadt, C&A und der klei­ne CD-Laden zogen mich min­des­tens ein­mal in der Woche in die Mül­lerstra­ße. Dann war ich lan­ge nicht da … bis mir ein Freund einen neu­en Laden in der Naza­reth­kirch­stra­ße 38 emp­fahl. „Im Antik Café wer­den alle Sin­ne ange­spro­chen, das musst du dir anschau­en!“ – mit die­sem Satz lob­te er das Café und weck­te mei­ne Neu­gier. An einem son­ni­gen Okto­ber­tag mache ich mich auf den Weg.

Was für die Augen: Jugend­stil wohin man schaut

Eine alte Musiktruhe im Antik Café in der Nazarethkirchstraße. Foto: Andreas Oertel
Hier kommt Musik raus! Foto: A. Oertel

Gera­de mal zwei Mona­te alt ist das neue Café. Der Besit­zer Hai­dar Malek hat­te in den glei­chen Räum­lich­kei­ten sechs Jah­re lang einen Geschäft für anti­ke Möbel betrie­ben. So ist auch nicht ver­wun­der­lich, dass das Café ein außer­ge­wöhn­li­ches Inven­tar auf­weist. Pols­ter­mö­bel und Schrän­ke im Jugend­stil paa­ren sich mit Stüh­len aus den 1970er Jah­ren. Eine Ori­gi­nal Gra­zio­so-Musik­tru­he aus den Gol­de­nen Fünf­zi­gern lädt zum Schall­plat­ten­auf­le­gen ein, was von Hai­dar und sei­ner Frau Anne aus­drück­lich erwünscht ist. Ins Auge springt mir auch ein eng­li­scher Tee­au­to­mat aus Kera­mik und ein Tele­fon­hö­rer, des­sen Alter ich auf 70 Jah­re schät­ze. Bei sei­nem Anblick wird mir bewusst, dass ich im Moment kein ein­zi­ges Smart­phone sehe, obwohl die Räum­lich­kei­ten gut gefüllt sind. Mir wird bewusst: Das Antik Café ist der per­fek­te Ort für Digi­tal Detox, eine Aus­zeit von der mobi­len Webnutzung.

Was für den Gaumen: Kuchenbar, Frühstückskarte und irakische Pizza

Ein Stück Kuchen im Antik Café in der Nazarethkirchstraße. Foto: Andreas Oertel
Kuchen gefäl­lig? Foto: A. Oertel

Es ist Sonn­tag­nach­mit­tag und so ent­schei­de ich mich für einen Milch­kaf­fee und ein Stück selbst­ge­mach­ten Käse­ku­chen. Ein Blick auf die Kar­te ver­rät: Anne und Hai­dar machen nicht den Feh­ler vie­ler Gas­tro­no­men, die zu viel anbie­ten und dabei belie­big wer­den. Ihr Schwer­punkt liegt auf Piz­za, Salat und Früh­stück. Vari­an­ten wie „Piz­za Baby­lon“ oder „Früh­stück Bag­dad“ ver­ra­ten Hai­dars Wur­zeln. Sein ira­ki­scher Vater war in frü­he­ren Zei­ten einer der ein­fluss­reichs­ten Schmuck­händ­ler hier in Ber­lin. Trotz­dem macht Hai­dar auf mich einen sehr beschei­de­nen und demü­ti­gen Ein­druck. „Ich will davon nicht reich wer­den, son­dern dass die Men­schen glück­lich sind“, sagt er und nach einem Blick auf die Prei­se neh­me ich ihm das auch ab. Für ein Stück Kuchen und ein Kaf­fee zah­le ich vier Euro, Piz­zen kos­ten um die fünf Euro und das teu­ers­te Gericht auf der Kar­te ist das „Früh­stück Antik Café“. Für 7,90 Euro gibt es einen gefüll­ten Brot­korb, But­ter, Mar­me­la­de, Honig, Käse, Camem­bert, Moz­za­rel­la, Spie­gelei, Salat und eine Tas­se Kaffee.

Was auf die Ohren: Lesungen aus Tausendundeiner Nacht

Jugendstil-Schrank im Antik Café in der Nazarethkirchstraße. Foto: Andreas Oertel
Blick ins Antik Café – mit Jugend­stil-Schrank. Foto: A. Oertel

Es wäre fast fahr­läs­sig, wenn man im Ambi­en­te eines anti­qua­ri­schen Cafés kei­ne Lesun­gen anbie­ten wür­de. Und des­halb gibt es bei Hai­dar regel­mä­ßig etwas „auf die Ohren“. Die nächs­te Ver­an­stal­tung (Ter­min: 12. Novem­ber, 16 Uhr) steht im Zei­chen ori­en­ta­li­scher Mär­chen. Ein im glei­chen Haus woh­nen­der Thea­ter­schau­spie­ler wird Erzäh­lun­gen aus Tau­send­und­ei­ner Nacht zum Bes­ten geben. Die Lesun­gen ver­bin­det Hai­dar jeweils mit einer klei­nen Spen­den­ak­ti­on. Das The­ma Down-Syn­drom liegt ihm per­sön­lich beson­ders am Her­zen. Ins­ge­samt soll das Ver­an­stal­tungs­an­ge­bot suk­zes­si­ve erwei­tert wer­den. Schon jetzt kann das Antik Café für Kin­der­ge­burts­ta­ge, Kon­fe­ren­zen und Fami­li­en­fei­ern gebucht wer­den. Alle öffent­li­chen Ver­an­stal­tun­gen sind auf der Face­book-Sei­te des Cafés zu finden.

Fazit: Sympathische Betreiber, günstige Preise und tolles Ambiente

Der Eingang des Antik Cafés. Foto: A. Schnell
Der Ein­gang des Antik Cafés. Foto: A. Schnell

Auch wenn ich die Aspek­te Rie­chen und Tas­ten unter­schla­gen habe, hat mein Freund recht: Das Antik Café ist ein sehr sinn­li­ches Café. Anne und Hai­dar schei­nen her­zens­gu­te Men­schen zu sein, denen ich mit ihrem süßen Café viel Erfolg wün­sche. Das Pro­jekt Antik Café steht noch am Anfang und sprüht vor Ideen. So möch­te das Pär­chen, dass 15 Jah­re ver­hei­ra­tet ist und sich auf einem Weih­nachts­markt in Pots­dam ken­nen­ger­lernt hat, zum Win­ter hin ori­en­ta­li­sche Sup­pen anbie­ten. Die wer­den dann genau­so selbst­ge­macht sein, wie die reich­hal­ti­ge Aus­wahl an Kuchen und Tor­ten. Auch die Prei­se dafür wer­den sicher­lich im bezahl­ba­ren Rah­men lie­gen. Kos­ten­los gibt es eine Weis­heit, die Hai­dar auf jede Sei­te der Spei­se­kar­te geschrie­ben hat: Lie­be für alle – Hass für keinen!

 

Text und Fotos: Andre­as Oertel

 

1 Comment

  1. Wün­sche Euch viel Glück und einen guten Start. Nor­bert und ich wer­den in den nächs­ten Tagen bei Euch zu Gast sein.
    Bis dahin, alles Liebe
    Coco

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