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Mein TXL. Warum ich den Flughafen Tegel liebe

7. September 2017
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Flughafen Tegel. Foto: Michael F. Mehnert/ CC BY-SA 3.0
Flug­ha­fen Tegel. Foto: Micha­el F. Mehnert/ CC BY-SA 3.0

Mei­nung “Natür­lich lie­be ich Tegel – ich woh­ne im Wed­ding”. Die­ser Satz hat schon vie­le Freun­de und Bekann­te in der Nach­bar­schaft in Auf­ruhr ver­setzt. Denn dort, wo die Flie­ger häu­fi­ger über die Dächer düsen, gibt es eini­ge, die sich auf eine Schlie­ßung des Flug­ha­fens freu­en. Doch ich gehö­re nicht dazu, ganz im Gegenteil!

 

Es gibt (auch) Vorteile

tegel lärmkarte wedding gesundbrunnen
TXL ist nicht über­all gleich laut

Zum Bei­spiel blei­ben Gesund­brun­nen sowie auch Tei­le vom Wed­ding vom Flug­lärm bei den meis­ten Wind­ver­hält­nis­sen ver­schont. Aus dem Küchen­fens­ter mei­ner Woh­nung kann ich an war­men Tagen den Flug­ver­kehr hören, doch laut ist es eigent­lich nicht. Die Haupt­stadt über­deckt mit ihrem stän­di­gen Geräusch­tep­pich aus Stra­ßen­ver­kehr, Kin­der­ge­schrei oder den lau­ten Nach­barn aus dem Hin­ter­hof locker die Flieger.

Eine Fahrt zum Flug­ha­fen dau­ert für mich von dort Tür zu Tür nur knapp 20 Minu­ten. Die man­geln­de U- und S‑Bahn-Anbin­dung machen der TXL-Bus bezie­hungs­wei­se Taxis und neu­er­dings sogar Car­sha­ring ohne Pro­ble­me wie­der gut.

Airport map TXL EN
Kar­te vom Flug­ha­fen Tegel (TXL)
TXL gefällt, weil es hier noch aus­sieht wie auf einem Flug­ha­fen und nicht wie in einem Ein­kaufs­cen­ter. Hier domi­niert nicht der heu­ti­ge archi­tek­to­ni­sche Ein­heits­brei aus Glas und Mar­mor, son­dern ehr­li­ches Wasch­be­ton. Ok, die Archi­tek­tur der 1970er könn­te hier und da mal wie­der auf­po­liert wer­den, doch irgend­wie ist die­se mar­kan­te Kon­struk­ti­on vie­len ans Herz gewachsen.

Außer­dem zeigt sich der “Flug­ha­fen der kur­zen Wege” auch noch auf ande­re Wei­se von sei­ner bes­ten Sei­te: Nach nur weni­gen Schrit­ten ste­he ich vor dem Gate. So geht Groß­stadt­flair – und das sogar in Reinickendorf!

Emotional wegen eines Sechsecks

Wem es bis hier noch nicht klar gewor­den ist: hier geht es weni­ger um Fak­ten, son­dern um Emo­tio­nen. So wenig wie Ber­lin “arm aber sexy” ist, so wenig rele­vant sind für mich kon­kre­te Pla­nun­gen der Beuth-Hoch­schu­le, juris­ti­sche Abma­chun­gen mit dem Bund oder das Kof­fer-Cha­os. Das The­ma BER mag pein­lich sein, ich genie­ße die Extra­zeit, die es dem Flug­ha­fen im Ber­li­ner Nord­wes­ten ermöglicht.

Für man­che ist der Flug­ha­fen Tegel das Ein­zi­ge, das in Ber­lin rich­tig funk­tio­niert. Trotz­dem lie­gen die Mei­nun­gen der Ber­li­ner weit aus­ein­an­der, wenn es um TXL geht. Doch sogar im Wed­ding und Rei­ni­cken­dorf gibt es vie­le Men­schen, die sich für eine Offen­hal­tung aus­spre­chen (Quel­le).

I love Tegel Tasse
I ♥ TXL (Foto: S.Orsenne)

Natür­lich wird auch der Flug­ha­fen Tegel schlie­ßen müs­sen. Egal wie wir beim Volksend­scheid am 24. Sep­tem­ber abstim­men wer­den und egal, wie lan­ge es noch dau­ert, bis der neue Flug­ha­fen Ber­lin Bran­den­burg fer­tig sein wird.

Aber ob die Leu­te weni­ger flie­gen wer­den, weil sich die Rei­se nach Schö­ne­feld (Bran­den­burg) schwie­ri­ger und län­ger gestal­tet, als der Flug selbst? Ver­mut­lich nicht, des­halb trotz­dem bezie­hungs­wei­se erst recht:

I ♥ TXL

Text: S. Orsenne


Andere Meinungen zum Flughafen Tegel:

Samuel Orsenne

Samuel ist ein Großstadtmensch, der im Wedding sein Zuhause gefunden hat. Mit seiner Familie lebt er im Kiez rund um die Bellermannstraße. Neben der Arbeit als IT-Fachmann engagiert er sich im Quartiersrat und natürlich beim Weddingweiser und betreut u.a. Marktstände, Technik und die Verwaltung der Weddingweiser UG.

7 Comments

  1. Bin vor kur­zem nach Gesund­brun­nen, nah an Oslo­er Stra­ße ein­ge­zo­gen und als die Tem­pe­ra­tu­ren gestie­gen sind und man lässt daher das Fens­ter so gut wie dau­er­haft offen, ist die Lärm­be­las­tung kata­stro­phal. Auch bereits davor in Weißensee/Heinersdorf war ich über­rascht, dass die Flug­zeu­ge in der Laut­stär­ke alles ande­re über­tref­fen und dass man auf dem Bal­kon lie­ber das Gespräch kurz unter­bricht, damit er nicht halb-schrei­en muss. Aber jetzt im Nor­den von Gesund­brun­nen krie­ge ich was rich­tig auf die Bir­ne. Gera­de so nachts (wie jetzt um 0:52 Uhr… nächt­li­cher Flug­bver­bot? zum Lachen!) ist das schön, oder so Sonn­tags um 6 oder 7 Uhr in der Früh wenn es anfängt – wie an einer Ket­te – ein nach dem ande­ren zu flie­gen – zu den Zei­ten ist der Genuss beson­ders hoch.
    Wahr­schein­lich die, deren Fens­ter in die ande­re Him­mels­rich­tung gehen, sind viel weni­ger belas­tet (mir fliegt es gera­de vor dem Fens­ter). Wel­che Wahl hat man aber?? Fens­ter ist doch kein Schrank, den man ein­fach umsetzt.

    An die­ser Stel­le wün­sche ich allen FDP-Wäh­lern und ande­ren Tegel-Lieb­ha­bern eine stres­si­ge Arbeit und schlaf­fe Penise.

  2. selbst bin ich als in gesun­brun­nen leben­der nicht vom lärm betrof­fen, hab aber einen schön kur­zen weg zum flug­ha­fen. also inso­weit toll die­ser txl.aber es sind eben vie­le leu­te täg­lich nega­tiv betrof­fen. und da kann man es mir zumu­ten, dass ich die paar mal im jahr ein wei­te­ren weg in kauf neh­me. den tou­ris kann man das auch zumu­ten, fin­de ich. und den viel­flie­gen­den und taxi fah­ren­den kra­wat­ten­trä­gern ohne­hin. also soll­te man aus soli­da­ri­tät mit vie­len woh­nen­den in wed­ding, tegel, rei­ni­cken­dorf wohl eher gegen die offen­hal­tung stimmen.

  3. Ich bin weder pro noch con­tra TXL, weil nicht betrof­fen. Aber ich fra­ge mich beim Lesen hier gera­de, was an Wasch­be­ton “ehr­li­cher” sein soll als Glas / Mar­mor. Und ob ich mir die gan­zen Geschäf­te bei mei­nem letz­ten Besuch dort nur ein­ge­bil­det habe (weil immer betont wird, TXL sei ja kein Ein­kaufs­zen­trum wie alle ande­ren Flughäfen)…
    Also, man­che Argu­men­te sind wirk­lich merkwürdig. 😉

  4. Ich lie­be ihn auch. In Gesund­brun­nen sind es hüb­sche Spiel­zeug­flug­zeu­ge zum Gucken, die gar nicht laut sind. Und soll­te ich doch mal selbst flie­gen, hat der Flug­ha­fen das per­fek­te Lay­out. Mein liebs­ter deut­scher Flug­ha­fen. Extrem gut angeordnet!

  5. Dem Text (und der Hin­weis auf KAUM Beläs­ti­gung aber vie­les, vie­les Posi­ti­ve) kann ich aus dem Spren­gel­kiez vor­be­halt­los zustimmen.
    Und ich wer­de auch für die Offen­hal­tung stimmen!

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