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Mieter bei der Deutschen Wohnen nervös

3. November 2016
In der Friedrich Ebert Siedlung bröckelt der Putz. Foto Mietergruppe.
In der Fried­rich Ebert Sied­lung brö­ckelt der Putz. Foto Mietergruppe.

“Wir saßen zwölf Tage im Kal­ten”, kla­gen Mie­ter der Fried­rich-Ebert-Sied­lung. Ihre Hei­zung war aus­ge­fal­len. Auch wenn die Hei­zung nun wie­der funk­tio­niert, die Mie­ter­grup­pe ist auf­ge­bracht: “Die Fried­rich-Ebert-Sied­lung ver­fällt”, sagen sie. Dage­gen sagt die Ver­mie­te­rin, die Deut­sche Woh­nen, zum kon­kre­ten Fall: “Hei­zungs­aus­fäl­le kom­men bei allen Woh­nungs­un­ter­neh­men vor.” Ein Fall von laut­star­ken Mie­tern oder eines still und lei­se ein­spa­ren­den Vermieters?

Was die Deutsche Wohnen sagt

Sicher, schön ist es nicht, wenn die Hei­zung aus­fällt. Die Pres­se­ab­tei­lung der Deut­schen Woh­nen rela­ti­viert den kon­kre­ten Fall im Afri­ka­ni­schen Vier­tel: Bei kom­pli­zier­ten Rohr­brü­chen wür­den Repar­ta­tu­ren eben län­ger dau­ern, weil “Geneh­mi­gun­gen für Arbei­ten im Erd­reich bean­tragt, Fir­men beauf­tragt und Mate­ri­al beschafft wer­den müs­sen.” Der Rohr­bruch sei nun ein­mal außer­halb eines Gebäu­des im Frei­en erfolgt. Zudem sei es typisch, dass zum Beginn der Hei­zungs­pe­ri­ode sich Auf­trä­ge an die Hand­werks­fir­men stau­en wür­den genau­so wie die Bestel­lun­gen für Ersatz­tei­le. Die Mie­ter­grup­pe selbst sagt, dass die­je­ni­gen, die frie­ren muss­ten für zwölf Tage eine Miet­min­de­rung von 70% erreicht habeen.

Träger liegen blank in der Friedrich-Ebert-Siedlung. Foto Mietergruppe.
Trä­ger lie­gen blank in der Fried­rich-Ebert-Sied­lung. Foto Mietergruppe.

Was die Mietergruppe sagt

Die Mie­ter­grup­pe, die sich an den Wed­ding­wei­ser wand­te, glaubt an ein grund­sätz­li­ches Pro­blem. Sie hält den kon­kre­ten Hei­zungs­aus­fall nur für ein typi­sches Bei­spiel einer gene­rel­len Hal­tung der Ver­mie­te­rin. Sie ver­mu­tet, dass an den Instand­hal­tungs­kos­ten bewusst gespart wür­de. So sei ein­mal Putz von der Fas­sa­de gefal­len. Statt die Fas­sa­de aus­zu­bes­sern, habe die Deut­sche Woh­nen den locke­ren Putz abschla­gen las­sen. “Seit­dem zieht es durch die Fens­ter”, sind sich die Ver­tre­ter der Mie­ter­grup­pe sicher. Bekannt sei­en auch Bei­spie­le von defek­ten Regen­rin­nen, die zu Pfüt­zen auf Bal­ko­nen führ­ten. Außer­dem wür­de es in eini­gen Woh­nun­gen schim­meln. Eine Instand­hal­tung und Repa­ra­tur – nicht Sanie­rung – sei über­fäl­lig, da seit über 20 Jah­ren nichts mehr in die Gebäu­de inves­tiert wor­den sei.

Lange nichts mehr investiert in der Friedrich-Ebert-Siedlung. Foto Mietergruppe.
Lan­ge nichts mehr inves­tiert in der Fried­rich-Ebert-Sied­lung. Foto Mietergruppe.

Aus Gesprä­chen mit Nach­barn habe man außer­dem erfah­ren, dass die Mie­te für neue hin­zu­ge­zo­ge­ne Mie­ter über den Miet­spie­gel läge. “Aber die kom­men aus Müns­ter oder so und sind wahr­schein­lich ganz ande­re Mie­ten gewohnt”, sagt die Mietergruppe.

Nachfrage beim Mieterverein

Rei­ner Wild, Geschäfts­füh­rer des Mie­ter­ver­eins, sagt auf Anfra­ge des Wed­ding­wei­sers, dass sys­te­ma­ti­sche Ver­nach­läs­si­gun­gen von Hei­zungs­re­pa­ra­tu­ren durch die Deut­sche Woh­nen nicht bekannt sind. Er sagt aber auch: “Die Deut­sche Woh­nen arbei­tet sehr ren­di­te­ori­en­tiert. Die Miet­spie­gel­mie­ten zum Bei­spiel rei­chen ihnen nicht.”

Mie­tern, die län­ge­re Zeit im Kal­ten woh­nen, rät der Mie­ter­ver­ein sich bera­ten zu las­sen. Um sich beim Mie­ter­ver­ein vom Fach­an­walt bera­ten zu las­sen, reicht es ein­zu­tre­ten. Wobei die Mit­glied­schaft für min­des­tens zwei Jah­re abge­schlos­sen wird. Für eine Pro­zess­kos­ten­ver­si­che­rung muss der Mie­ter drei Mona­te vor Beginn eines schwe­len­den Pro­blems ein­ge­tre­ten sein.

Spekulationsobjekt Friedrich-Ebert-Siedlung

Die Mie­ter­grup­pe wirkt ent­schlos­sen. Sie wol­len Kon­tak­te zu Poli­ti­kern und Koope­ra­ti­ons­part­nern auf­bau­en. Sie spa­ren nicht mit deut­li­chen Wor­ten: “Wenn hier nicht bald mal was geschieht, dann bricht uns hier alles über den Kopf zusammen.”

Sie sagen, seit Jah­ren, sei die Sied­lung immer wie­der ver­kauft wor­den. “Wir wis­sen schon gar nicht mehr, wer alles Eigen­tü­mer war: Gag­fah, Fort­ress, ZVBB, GSW. Und jetzt Deut­sche Woh­nen.” Allen Eigen­tü­mern gemein­sam sei, dass kei­ner von ihnen etwas zur Instand­hal­tung bei­getra­gen habe. Das sei in den 1990er Jah­ren anders gewe­sen. Damals habe die Anla­ge noch dem Erbau­er gehört, der Woh­nungs­bau­ge­sell­schaft Ein­tracht gemein­nüt­zi­ge Akti­en­ge­sell­schaft. Bau­zeit der Sied­lung war von 1929 bis 1939. Die 1927 gegrün­de­te Ein­tracht war bis 1991 gemein­nüt­zig und exis­tier­te bis 1997.

Schlussworte

“Bit­ter, dass aus­ge­rech­net der Rot-Rote-Senat die GSW 2004 ver­kauf­te”, kla­gen die Mie­ter. – “Wir brau­chen drin­gend mehr Sozia­len Woh­nungs­bau,  weil schlicht und ein­fach preis­güns­ti­ge Miet­woh­nun­gen feh­len”, sagt Rei­ner Wild vom Ber­li­ner Mie­ter­ver­ein. – Die Deut­sche Woh­nen schreibt in ihrem Geschäfts­be­richt: Zu den Steue­rungs­grö­ßen für das Manage­ment gehö­ren “Umfang und Ergeb­nis der Neu­ver­mie­tung sowie die Ent­wick­lung der mit der Ver­mie­tung zusam­men­hän­gen­den Kos­ten wie Instand­hal­tungs- Ver­mie­tungs­mar­ke­ting- und Betriebs­kos­ten sowie Mietausfälle.”

LINKS
Bei­trä­ge und Leis­tun­gen des Ber­li­ner Mie­ter­ver­eins.
Geschäfts­be­rich­te der Deut­schen Woh­nen.
Wiki­pe­dia über denk­mal­ge­schütz­te Fried­rich-Ebert-Sied­lung.

Autor: And­rei Schnell, Fotos: Mietergruppe

Andrei Schnell

Meine Feinde besitzen ein Stück der Wahrheit, das mir fehlt.

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