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Was die Liste zur BVV-Wahl verrät

4. September 2016
Muster Stimmzettel für Wahl BVV-Mitte. Grafik: Landeswahlleiter.
Mus­ter Stimm­zet­tel für Wahl BVV-Mit­te. Gra­fik: Landeswahlleiter.

Wen soll ich am 18. Sep­tem­ber wäh­len, ich ken­ne doch kei­nen von den Kan­di­da­ten für die Bezirks­wahl. Sagt man­cher. Wer nicht alle per­sön­lich kennt, dem hilft die kom­plet­te Lis­te der Kan­di­da­ten, die im Bezirk Mit­te für die Bezirks­ver­ord­ne­ten­ver­samm­lun­gen (BVV) antre­ten. Auf dem Stimm­zet­tel ste­hen nur die drei Spit­zen­plät­ze. Die voll­stän­di­ge Lis­te der Par­tei­en ver­rät, wel­che sozia­len Grup­pen es in den Par­tei­en auf die aus­sichts­rei­chen Plät­ze geschafft haben. Dadurch ergibt sich eine Mög­lich­keit zu ent­schei­den, wel­cher Par­tei man im Bezirk sei­ne Stim­me geben will.

Vier Betrachtungen zur vollständigen Liste der Kandidaten

Frau­en haben es in die Poli­tik geschafft

End­lo­se Debat­ten gab es in den 1990er Jah­ren um die Frau­en­quo­te. 20 Jah­re spä­ter sind Frau­en bei der BVV-Wahl in Mit­te gut ver­tre­ten. Bei­na­he exakt fif­ty-fif­ty ist die Auf­tei­lung zwi­schen Män­nern und Frau­en zum Bei­spiel bei SPD, Grü­nen und Lin­ken. Wem das The­ma nicht his­to­risch, son­dern aktu­ell ist, der soll­te zum Bei­spiel nicht CDU wäh­len. Denn unter den 18 vor­de­ren Lis­ten­plät­zen sind bei der CDU 13 durch Män­ner besetzt.

Kei­ne Mit­spra­che ohne Studium

Ob es eben­falls eine 20-jäh­ri­ge Debat­te benö­tigt, bevor Men­schen mit einer Berufs­er­fah­rung gleich­be­rech­tigt mit Aka­de­mi­kern in die Par­la­men­te gelan­gen? Selbst auf Bezirks­ebe­ne schaf­fen es in Mit­te über­wie­gend Aka­de­mi­ker auf die Stimm­zet­tel. Die voll­stän­di­ge Lis­te aller Par­tei­en im Bezirk Mit­te zeigt, dass rund drei Vier­tel der Kan­di­da­ten einen Beruf mit Uni-Abschluss ange­ben. Ist Bezirks­po­li­tik zu kom­plex für Men­schen mit einem Berufs­ab­schluss? Beson­ders bei den Grü­nen (nur eine Per­son ohne Uni-Abschluss bis Lis­ten­platz 18) und die Lin­ken (nur zwei Kan­di­da­ten kei­ne Aka­de­mi­ker bis Lis­ten­platz 18) sind die Hoch­ge­bil­de­ten sehr gut vertreten.

Kom­mu­nal­po­li­tik nur für Men­schen ohne Auslandserfahrung

Min­des­tens 20 Jah­re Debat­te wird es wohl dau­ern, um die Vor­stel­lung zu begra­ben, der Stamm­baum sei sinn­vol­le Schran­ke auf dem Weg in die Poli­tik. Soweit es die Nach­na­men der Kan­di­da­ten ver­ra­ten (und soweit es das Kri­te­ri­um Nach­na­me erlaubt), wer­den in der nächs­ten BVV vor allem Leu­te ent­schei­den, die nur nur eine ein­zi­ge Kul­tur ken­nen. So wer­den es Gebie­te wie Wed­ding und Moa­bit, die sich als mulit­kul­tu­rell ver­ste­hen, von Vorn­her­ein schwer in der Bezirks­po­li­tik haben. Soweit wir es über­bli­cken, hat die SPD unter den 18 Top-Plät­zen immer­hin drei Kan­di­da­ten mit bun­ter Her­kunft und ist damit “Spit­zen­rei­ter”.

Nur mit hal­bem Her­zen Lokalpolitiker?

Wäh­rend die einen nur schwer Zugang zur Macht fin­den, haben es ande­re um so ein­fa­cher. So ste­hen auf der Bezirks­lis­te eini­ge Kan­di­da­ten, die gleich­zei­tig um ein Man­dat für das Abge­ord­ne­ten­haus kämp­fen. Ist die BVV für die­se Kan­di­da­ten nur eine Ver­si­che­rung? Älte­re den­ken viel­leicht an das Sprich­wort vom Tan­zen auf meh­re­ren Hoch­zei­ten. Für Jün­ge­re ist es even­tu­ell All­tag, sich alle Optio­nen off­fen zu hal­ten. Unrühm­lich hier die Grü­nen, die bis Platz 18 gleich zwei Kan­di­da­ten in zwei Ren­nen haben.

SPD

In Mitte Spitzenkandidat der SPD: Christian Hanke. Foto Andrei Schnell.
In Mit­te Spit­zen­kan­di­dat der SPD: Chris­ti­an Han­ke. Foto And­rei Schnell.

1. Chris­ti­an Han­ke. Beruf: Leh­rer. 54 Jah­re alt. Er ist der bis­he­ri­ge Bür­ger­meis­ter in Mit­te. Die SPD hat ihn zum Bür­ger­meis­ter-Kan­di­da­ten auf­ge­stellt. Eigen­dar­stel­lung auf www.christian-hanke.eu und auf Face­book.

2. Sabi­ne Smen­tek. Beruf: Diplom-Kauf­frau. 55 Jah­re alt. Sie ist die bis­he­ri­ge Stadt­rä­tin für Jugend, Schu­le, Sport und Faci­li­ty Manage­ment. Eigen­dar­stel­lung auf spd-berlin-mitte.de/sabine-smentek-bvv und auf Face­book.

3. Sascha Schug. Beruf: Pro­jekt­ma­na­ger. 47 Jah­re alt. Ist aktiv im Orts­ver­ein Brun­nen­vier­tel. Schwer­punkt bis­lang Aus­schuss Stadt­ent­wick­lung. Eigen­dar­stel­lung auf Facebook.

4. Mar­ti­na Mati­schok-Yesil­ci­men. Beruf: Fall­ma­na­ge­rin. 51 Jah­re alt. Sie ist aktiv im Orts­ver­ein 16 rund um Luxem­bur­ger Stra­ße und Trift­stra­ße. Sie ist der­zeit die Frak­ti­ons­vor­sit­zen­de der SPD in der BVV. Ihr Schwer­punkt ist bis­lang der Aus­schuss Wirt­schaft, Arbeit, Ordnungsamt.

5. Ste­fan Drae­ger. Beruf: Unter­neh­mens­be­ra­ter. 63 Jah­re alt. Ist aktiv im Orts­ver­ein Alex. Eigen­dar­stel­lung auf www.stefan-draeger-spd.de und auf Face­book.

Die SPD hat die vor­de­ren Plät­ze der Lis­te jeweils zur Hälf­te mit Frau­en und Män­ner besetzt. Nur vier Kan­di­da­ten bis Platz 18 haben kei­nen Hoch­schul-Abschluss. Die Lis­te der SPD umfasst 66 Kan­di­da­ten, obwohl die BVV laut Ber­li­ner Ver­fas­sung Arti­kel 70 nur 55 Sit­ze umfasst. Mit 29,1 % Wahl­er­geb­nis von 2011 hat die SPD der­zeit 18  Sit­ze in der BVV. Beson­der­heit: Rela­tiv vie­le Kan­di­da­ten kom­men aus dem Wed­din­ger Orstvereinen.

CDU

In Mitte Spitzenkandidat der CDU: Carsten Spallek. Foto Andrei Schnell.
In Mit­te Spit­zen­kan­di­dat der CDU: Cars­ten Spal­lek. Foto And­rei Schnell.

1. Cars­ten Spal­lek. Beruf: Diplom-Kauf­mann. 45 Jah­re alt. Er ist bis­lang Stadt­rat für Stadt­ent­wick­lung, Wirt­schaft, Bau­en und Ord­nung. Die CDU hat ihn zum Kan­di­da­ten für das Amt des Bür­ger­meis­ters benannt. Eigen­dar­stel­lung auf www.carsten-spallek.de und auf Face­book. Er ist aktiv im Orts­ver­band Tiergarten.

2. Sebas­ti­an Pie­per. Beruf: Jurist. 37 Jah­re alt. Ist aktiv im Orts­ver­band Bran­den­bur­ger Tor.

3. San­dra Ceg­la. Grün­de­rin von SOS-Stal­king. 37 Jah­re alt. Sie ist aktiv im Orts­ver­band Bran­den­bur­ger Tor. Eigen­dar­stel­lung auf www.sandra-cegla.berlin und auf Face­book.

4. Diet­hard Raus­kolb. Beruf: Rechts­an­walt. 73 Jah­re alt. Er ist aktiv im Orts­ver­band Tiergarten.

5. Mar­tin Leu­sch­ner. Beruf: Ange­stell­ter. 45 Jah­re alt. Er ist aktiv im Orts­ver­band Moa­bit. Eigen­dar­stel­lung auf www.cdu-moabit.de.

Unter den 18 obe­ren Lis­ten­plät­zen befin­den sich nur vier Frau­en. Die ers­te Frau steht auf Lis­ten­platz 3. Bis Platz 18 gibt es nur 5 Per­so­nen ohne Hoch­schul-Abschluss. Die Lis­te der CDU umfasst 31 Plät­ze. Mit 17,1 % Wahl­er­geb­nis von 2011 hat die CDU der­zeit zehn Sit­ze in der BVV. Beson­der­heit: Der der­zei­ti­ge Frak­ti­ons­vor­sit­zen­de der CDU Thors­ten Resch­ke steht nicht mehr auf Liste.

Grüne

1. Sabi­ne Weiß­ler. Beruf: Poli­to­lo­gin. 58 Jah­re alt. Sie ist zur Zeit Stadt­rä­tin für Bil­dung, Kul­tur, Umwelt und Natur­schutz. Eigen­dar­stel­lung auf www.gruene-mitte.de.

In Mitte Spitzenkandidat der Grünen: Stephan van Dassel. Foto Andrei Schnell.
In Mit­te Spit­zen­kan­di­dat der Grü­nen: Ste­phan van Das­sel. Foto And­rei Schnell.

2. Ste­phan von Das­sel. Beruf: Poli­to­lo­ge. 49 Jah­re alt. Er ist Stadt­rat für Sozia­les und Bür­ger­diens­te. Er wur­de von den Grü­nen als Kan­di­dat für das Amt des Bür­ger­meis­ters benannt. Eigen­dar­stel­lung auf www.gruene-mitte.de und auf Face­book.

3. Fran­zis­ka Briest. Beruf: Bio­che­mi­ke­rin. 34 Jah­re alt. Sie der­zeit die Frak­ti­ons­vor­sit­zen­de. Eigen­dar­stel­lung auf wwww.gruene-mitte.de und auf Facebook.

4. Tilo Sie­wer. Beruf: Rechts­an­walt. 41 Jah­re alt. Eigen­dar­stel­lung auf www.gruene-mitte.de.

5. Jen­ny Neu­bert. 29 Jah­re alt. Beruf: Leh­re­rin. Kan­di­diert auch für das Ber­li­ner Abgeordnetenhaus.

Die Grü­nen haben haben alle Lis­ten­plät­ze gleich­mä­ßig mit Frau­en und Män­nern besetzt. Nur ein Kan­di­dat bis Platz 18 hat kei­nen Hoch­schul-Abschluss. Die Lis­te der Grü­nen umfasst 40 Kan­di­da­ten. Es gibt meh­re­re Kan­di­da­ten auf aus­sichts­rei­chen Lis­ten­plät­zen, die gleich­zei­tig für ein Direkt­man­dat für das Abge­ord­ne­ten­haus antre­ten. Mit 24,1 % Wahl­er­geb­nis von 2011 haben die Grü­nen der­zeit 15  Sit­ze in der BVV. Die Grü­nen haben unter­halb der Ebe­ne des Kreis­ver­ban­des Mit­te kei­ne Orts­ver­bän­de. Beson­der­heit:  Ihr Bür­ger­meis­ter­kan­di­dat, Ste­phan von Das­sel, steht erst auf Platz der Liste.

Linke

1. Sven Diet­rich. 52 Jah­re alt. Beruf: Bau­fach­ar­bei­ter. Kan­di­diert auch für das Ber­li­ner Abgeordnetenhaus.

2. Katha­ri­na Mey­er. Beruf: Stu­den­tin. 25 Jah­re alt. Eigen­dar­stel­lung auf www.dielinke-berlin-mitte.de.

3. Petra Schr­a­der. Beruf: Poli­tik­wis­sen­schaft­le­rin. 64 Jah­re alt. Eigen­dar­stel­lung auf www.dielinke-berlin-mitte.de.

4. Thi­lo Urchs. Beruf: Inge­nieur. 54 Jah­re alt. Eigen­dar­stel­lung auf www.dielinke-berlin-mitte.de.

5. Anett Vietz­ke. 39 Jah­re alt. Beruf: Regis­seu­rin. Eigen­dar­stel­lung auf www.dielinke-berlin-mitte.de.

Die Lin­ke wech­selt auf der Lis­te nicht streng Frau­en und Män­ner, unter den ers­ten 18 Plät­zen sind 10 Frau­en. Nur zwei Kan­di­da­ten haben kei­nen Hoch­schul-Abschluss. Die Lis­te der Lin­ken umfasst 24 Kan­di­da­ten. Mit 10,6 % Wahl­er­geb­nis von 2011 hat die Lin­ke der­zeit sechs Sit­ze in der BVV. In wel­chen Basis­or­ga­ni­sa­tio­nen (Orts­ver­bän­de) die fünf Spit­zen­kan­di­da­ten der Lin­ken aktiv sind, ist nicht ersicht­lich. Beson­der­heit: Die Lin­ken geben jun­gen Poli­ti­kern eine Chan­ce, bereits auf Platz fin­det sich eine Kan­di­da­ten, die mit 25 Jah­ren mit zu den jüngs­ten aller Kan­di­da­ten aller Par­tei­en gehört.

Allgemeine Infos zur Wahl der BVV

Die Bezirks­ver­ord­ne­ten­ver­samm­lun­gen (BVV) der Ber­li­ner Bezir­ke wer­den in Ber­lin immer zeit­gleich mit der Wahl zum Abge­ord­ne­ten­haus gewählt. Die BVV ist so etwas wie das Par­la­ment auf Bezirks­ebe­ne. Gewählt wird die BVV per Lis­ten­wahl. Das heißt, die Par­tei­en stel­len für jeden Ber­li­ner Bezirk eine Lis­te auf.

Von den 28 Par­tei­en, die in Ber­lin auf Bezirks­ebe­ne antre­ten, hof­fen in Mit­te zehn auf Ein­zug in die BVV. Die Rei­hen­fol­ge, in der die Par­tei­en auf dem Stimm­zet­tel genannt wer­den, rich­tet sich nach den Wahl­er­geb­nis der letz­ten BVV-Wahl. Die Ver­fas­sung legt die Anzahl der BVV-Sit­ze auf 55 fest. Die Par­tei­en erstel­len län­ge­re Lis­ten, als das zu erwar­ten­de Wahl­er­geb­nis vor­sieht, um gewähl­te Nach­rü­cker zu haben.

Der § 35 des Bezirks­ver­wal­tungs­ge­set­zes gibt der BVV das Recht, vier Stadt­rä­te plus einen Bezirks­bür­ger­meis­ter zu wäh­len. Dabei muss es aber die Vor­schlä­ge der Frak­tio­nen beach­ten und jeder Par­tei Stadt­rats­pos­ten abhän­gig nach dem Wahl­er­geb­nis zugestehen.

LINKS
Die kom­plet­te Lis­te mit den so genann­ten Wahl­vor­schlä­gen hält bereit: www.wahlen-berlin.de.
Auf gesetze-berlin.de fin­det sich das Bezirks­ver­wal­tungs­ge­setz.

Text: And­rei Schnell, Mus­ter des Stimm­zet­tels BVV-Wahl Mit­te: Lan­des­wahl­lei­te­rin Berlin

Andrei Schnell

Meine Feinde besitzen ein Stück der Wahrheit, das mir fehlt.

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