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Lesermeinung: Fehlgeleitet an der Behmstraße

5. Juli 2016
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Hostelo: Ecke Behmstraße/ Jülicher StraßeDie Sanie­rung der hun­dert­jäh­ri­gen Böse­brü­cke schrei­tet vor­an – die Auto­fah­rer in Rich­tung Osten wer­den seit einem Jahr durch dicht bebau­te Wohn­ge­bie­te über Neben­stra­ßen umge­lei­tet. Das ist nicht nur für die Fahr­zeug­len­ker ärger­lich: für die vie­len Anwoh­ner der Jüli­cher, Behm- und Mal­mö­er Stra­ße ist es mit Ruhe und guter Luft nun vor­bei. Unse­re Lese­rin Eli fin­det, dass die Zusi­che­run­gen der Senats­ver­wal­tung nicht ein­ge­hal­ten wur­den. Hier ihr Bericht aus Anwoh­ner­sicht:

Raser reißen uns aus dem Schlaf

Elektro Auto BVG LeopoldplatzDie Umlei­tung der Born­hol­mer Stra­ße über die Jüli­cher, Behm- und Mal­mö­er Stra­ße exis­tiert nun seit bald einem Jahr und die Situa­ti­on wird immer schlim­mer. Wei­te Tei­le des Tages stockt oder staut sich der Ver­kehr, was mit einem enor­men Lärm­pe­gel (Moto­ren­ge­räu­sche, stän­di­ges Hupen, Mar­tins­hör­ner der Ein­satz­fahr­zeu­ge, die im Stau ste­cken blei­ben und nicht vom Fleck kom­men), Abgas­wol­ken und Vibra­tio­nen ein­her­geht – wenn ein Auto­trans­por­ter oder Schwer­las­ter im Stop-and-Go-Ver­kehr steht, klir­ren sogar die Fens­ter. Aber auch umge­kehrt ist es pro­ble­ma­tisch: Wenn die Stra­ße in den Abend- und Nacht­stun­den lee­rer und frei befahr­bar wird, rasen die Autos und Motor­rä­der mit hohem Tem­po und ent­spre­chen­dem Lärm die Behm­stra­ßen­brü­cke hin­un­ter. Die lan­ge Gera­de wirkt offen­bar sehr ein­la­dend, wie eine Art Renn­stre­cke. Das gefähr­det nicht nur Fuß­gän­ger und Fahr­rad­fah­rer, son­dern reißt auch uns Anwoh­ner regel­mä­ßig aus dem Schlaf. Durch die schlech­te Luft der Aus­puff­ga­se des ste­hen­den Ver­kehrs las­sen sich Bal­ko­ne nicht mehr benut­zen und ein Woh­nungs­lüf­ten ist kaum mög­lich. Kurz­um, die Lebens­qua­li­tät an der Behm­stra­ße  – ver­mut­lich ist es an der Jüli­cher Stra­ße nicht anders – ist seit die­ser unglück­li­chen Umlei­tung der­art beein­träch­tigt, dass es nicht vor­stell­bar ist, wie die­se Situa­ti­on nun noch über ein Jahr län­ger aus­zu­hal­ten sei.

Es ist natür­lich klar, dass eine Umlei­tung des Ver­kehrs Unan­nehm­lich­kei­ten mit sich bringt. Im Vor­feld ver­si­cher­te die Senats­ver­wal­tung in ihrem Ankün­di­gungs­fol­der jedoch, dass die­se so gering wie mög­lich gehal­ten wer­den soll­ten. Dies – und das war auch der Kom­pro­miss mit der ent­stan­de­nen Bür­ger­initia­ti­ve – soll­te vor allem auf zwei Wegen erreicht wer­den: Ers­tens die Ein­rich­tung einer weit­räu­mi­ge­ren Umlei­tung für LKW und zwei­tens Tem­po 30 für die gesam­te PKW-Umleitungsstrecke.

Die Rea­li­tät sieht jedoch anders aus: Da ent­ge­gen der Zusi­che­rung für die Umlei­tung durch das kin­der­rei­che Wohn­ge­biet kein Fahr­ver­bot für LKW erlas­sen wur­de, wird sie in immer stär­ke­rem Maße auch von die­sen genutzt. Dies erhöht nicht nur das Ver­kehrs­auf­kom­men und die Stau­häu­fig­keit, son­dern auch die Lärm- sowie Fein­staub­be­las­tung erheb­lich. Die Geschwin­dig­keits­be­gren­zung Tem­po 30 wird viel zu sel­ten kon­trol­liert, wes­halb sich kaum jemand dar­an hält. Laut einer schrift­li­chen Anfra­ge des Abge­ord­ne­ten Andre­as Otto wur­den bei den bis­her in der Behm­stra­ße durch­ge­führ­ten 18 Kon­trol­len über 3.100 Geschwin­dig­keits­über­schrei­tun­gen fest­ge­stellt. Umso weni­ger ist es nach­voll­zieh­bar, dass kei­ne ver­stärk­ten Geschwin­dig­keits­kon­trol­len stattfinden.

Man könnte leicht Abhilfe schaffen

Einzeln sind sie ja ein schöner Anblick, wie hie rin der Bellermannstraße...
Ein­zeln sind sie ja ein schö­ner Anblick, wie hier in der Bellermannstraße…

Die For­de­rung an die Senats­ver­wal­tung, hier Abhil­fe zu schaf­fen, die Umlei­tung für LKW wie ursprüng­lich ange­kün­digt zu sper­ren und die Ein­hal­tung der Tem­po 30-Zone zu for­cie­ren, wur­de mit nicht nach­voll­zieh­ba­ren Argu­men­ten abge­lehnt: Angeb­lich wür­de ein Ver­bot die Ver­sor­gung des Vier­tels gefähr­den, aber abge­se­hen von der BSR, für deren Fahr­zeu­ge es eine Aus­nah­me vom Ver­bot geben könn­te, lie­gen an der Umlei­tung kei­ne Ein­rich­tun­gen oder Geschäf­te, die mit dem LKW ange­fah­ren wer­den. Die Her­kunft der Kenn­zei­chen und die Pla­nen­be­schrif­tun­gen bele­gen zudem, dass es mit­nich­ten Fern­ver­kehr zur Ver­sor­gung des Vier­tels ist. Somit wäre es auch völ­lig unpro­ble­ma­tisch, die Jüli­cher Stra­ße für LKW zu sper­ren. Soll­te dann doch ein­mal ein LKW in der Behm­stra­ße oder Mal­mö­er Stra­ße not­wen­dig sein, könn­te er über Gesund­brun­nen fah­ren oder von der Schön­hau­ser Allee kommen.

Die Geschwin­dig­keits­be­gren­zung müss­te öfter kon­trol­liert und durch flan­kie­ren­de Maß­nah­men (nächt­li­che Park­erlaub­nis auf der rech­ten Spur nicht nur west­lich, son­dern auch öst­lich der Behm­stra­ßen­brü­cke, um die Stra­ße zu ver­en­gen, Wie­der­auf­bau der auto­ma­ti­schen Geschwin­dig­keits­an­zei­ge, aber dies­mal vor der BSR statt hin­ter der Ampel an der Kreu­zung Behm-/Mal­mö­er Stra­ße, wo die Autos ohne­hin lang­sam fah­ren, durch­ge­setzt werden.

Die hohen gesund­heit­li­chen Risi­ken von Lärm, Fein­staub und Tie­fen­schall (ins­be­son­de­re auch nachts) braucht man gar nicht wei­ter dar­zu­le­gen. Mit­zu­be­kom­men, wie klei­ne Kin­der in den betrof­fe­nen Woh­nun­gen immer wie­der vom Ver­kehrs­lärm hoch­schreckt, aus dem Schlaf geris­sen und mit dem Kin­der­wa­gen an den Abga­sen des Staus vor­bei gescho­ben wer­den müs­sen, macht das Gan­ze noch schlim­mer und unver­ant­wort­li­cher. Allein die Optik, wie sich Kolon­nen von Autos und LKW direkt an den Kin­der­spiel­plät­zen in der Behm- und Schön­flie­ßer­stra­ße vor­bei­wäl­zen, spricht trau­rig-igno­ran­te Bände.

Die damals gegrün­de­te Bür­ger­initia­ti­ve hat lei­der (kurz nach der erfolg­rei­chen Kiez­de­mo) früh­zei­tig auf­ge­ge­ben und sind eine ziem­li­che Ent­täu­schung, nach­dem sie im Kiez so erfolg­reich mobi­li­siert hat­ten und Hoff­nun­gen weck­ten. Es ist zudem kein guter Stil, dass die Ver­ant­wort­li­chen auf kei­ne der Anfra­gen zum Stand der Din­ge reagie­ren. Von denen braucht man sich also nichts mehr erwarten.

Die Umlei­tung soll noch min­des­tens bis zum Som­mer 2017 bestehen blei­ben, daher muss sich an der uner­träg­li­chen Situa­ti­on etwas ändern! Doch was wäre aus Sicht der Betrof­fe­nen noch mög­lich? Sich neu orga­ni­sie­ren? Über Kom­men­ta­re freue ich mich.

Update: Nach zwei Jah­ren Bau­zeit wird die Böse­brü­cke ab 9. August 2017 in bei­de Rich­tun­gen freigegeben.

Links:

Sanie­rung Bösebrücke

Umlei­tung durch die Jüli­cher Straße

 

Gastautor

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