Mastodon

Wie eine Weddingerin Krebspatienten Mut macht

27. Februar 2016
2

Das Lachen der ande­rencropped-header ist wich­tig, wenn es einem selbst gera­de elend geht. Das ist etwas, was Judy die ver­gan­ge­nen Jah­re gelernt hat. Im Herbst 2013, fan­den Ärz­te in der Brust der heu­te 28-Jäh­ri­gen ein Sar­kom, eine sel­te­ne Tumor­art. Heu­te, mehr als zwei Jah­re spä­ter, schreibt die Wed­din­ge­rin in ihrem Blog Krebs­tier­chen über die Krank­heit – und dar­über, wie sie wie­der gesund wur­de. Denn das habe ihr wäh­rend der Krank­heit selbst beson­ders gehol­fen:  Die Geschich­ten von ande­ren Pati­en­ten, denen es schon wie­der etwas bes­ser geht. “Es war zum Bei­spiel gut, im Kran­ken­haus Leu­te zu sehen, die zur Nach­sor­ge kamen, wie­der Haa­re hat­ten, lau­fen konn­te, ohne zu jap­sen”, erzählt die Frau mit den kur­zen blon­den Haaren.

Heu­te tele­fo­niert Judy selbst manch­mal mit Krebs­pa­ti­en­ten: “Ich mer­ke, dass es ihnen hilft, am ande­ren Ende ein­fach mal ein Lachen zu hören.” Sie habe Spaß dar­an, das was sie erlebt habe, wei­ter­zu­ge­ben, sagt sie. Die Idee zu ihrem Blog hat­te sie rela­tiv früh – ein­fach des­we­gen, weil sie ihre Krank­heit gegoo­gelt hat, und dar­über im Inter­net nur wenig fand. “Mein Freund hat gesagt: Dann muss Du eben die Ers­te sein, die dar­über schreibt!” Also mach­te sie sich Tag für Tag Noti­zen. Nach Ende der Behand­lung setz­te sie das Blog auf und berich­tet seit­dem rück­bli­ckend über die Krank­heit, von der Dia­gno­se bis zur Therapie.

„Wir müs­sen Ihnen schnellst­mög­lich die gan­ze Brust abneh­men”: Mit die­sen Wor­ten begann Judys Leben als Krebs­pa­ti­en­tin. “Die Fahrt nach Hau­se kommt mir wie eine Ewig­keit vor. Da sit­ze ich, in der Bahn, von den ande­ren kaum wahr­ge­nom­men. Jeder ist – wie immer – mit sich selbst beschäf­tigt. Ich beob­ach­te die Men­schen um mich her­um mit gesenk­tem Blick. Ich bin über­rascht, wie sie so ein­fach mit ihrem All­tag fort­fah­ren kön­nen”, schreibt sie in einem der ers­ten Ein­trä­ge. “Ich kom­me mir vor, als ob ich ein Schild mit der Auf­schrift ‘Krebs­pa­ti­ent’ um den Hals tra­gen wür­de und ich des­halb ein wenig Ruhe und Betrof­fen­heit ihrer­seits erwar­ten dürf­te. Aber sie wis­sen ja von nichts. Auf sie wir­ke ich wie eine ‘Nor­ma­le’.”

Der Umgang mit der Krank­heit fällt vie­len Freun­den schwer

Judy schreibt auch dar­über, wie schwie­rig den Bekann­ten, Freun­den und der Fami­lie der Umgang mit ihrer Dia­gno­se fällt. Zwar ohne Namen zu nen­nen, aber doch sehr offen. “Die Reak­tio­nen waren sehr unter­schied­lich: man­che haben es ange­spro­chen, man­che ein­fach so getan, als wäre nichts und man­che haben mich sogar gemie­den”, erzählt sie heu­te. Klar, nicht jeder kann mit so einer Krank­heit umge­hen. “Ich hat­te aller­dings Glück, dass mein Freund von Anfang an hin­ter mir stand und auch mein Arbeit­ge­ber ver­ständ­nis­voll war.” Vie­le Pati­en­tin­nen, die sie ken­nen­ge­lernt habe, hät­ten Pro­ble­me in ihrer Bezie­hung bekom­men, sei­en sogar von ihren Part­nern ver­las­sen wor­den. Ande­re hät­ten ihre Jobs verloren.

Dazu kom­men die Schmer­zen der Behand­lung, die Ver­än­de­rung des Äuße­ren, die vie­len Pati­en­tin­nen beson­ders zu schaf­fen mache. “Eini­ge haben sogar auf der Sta­ti­on im Kran­ken­haus ihre Perü­cken auf­ge­setzt”, sagt Judy. Ihr selbst habe es auch gehol­fen, sich zu schmin­ken – auch wenn sie auf eine Perü­cke ver­zich­te­te. “Für mich war der Haar­aus­fall nicht das Schlimms­te an der Krank­heit, für vie­le ande­ren aber schon. Ich ticke da wohl ein wenig anders”, sagt sie. Auch das ist eine Bot­schaft ihres Blogs: Jede Pati­en­tin, jeder Pati­ent, muss ihren oder sei­nen eige­nen Weg fin­den. Judy berich­tet davon, wie sie die Ampu­ta­ti­on ihrer Brust emp­fand und auch von einer wich­ti­gen Ent­schei­dung, die sie zu tref­fen hat­te: Soll sie sich Eizel­len ein­frie­ren las­sen, für den Fall, dass die Che­mo­the­ra­pie sie angreift?

Raus aus dem Hamsterrad!

Auch nach der Krank­heit hat sich für sie eini­ges ver­än­dert. “Ich hat­te immer einen Fahr­plan für mein Leben”, erzählt Judy, “Abitur, Stu­di­um, Kar­rie­re, eine Fami­lie grün­den – so unge­fähr.” Bis zur Dia­gno­se lief es auch wie geplant Judy stu­dier­te Tier­me­di­zin, hat­te eine fes­te Bezie­hung. Doch dann durch­kreuz­te die Dia­gno­se ihre Plä­ne. Die 28-Jäh­ri­ge will das nicht nur nega­tiv sehen. “Ich neh­me das Leben heu­te ganz anders wahr. Manch­mal sehe ich mir die Men­schen in mei­ner Umge­bung an, wie sie sich im Job auf­op­fern, durch ihr Leben het­zen und den­ke: Ihr merkt gar nicht, was hier pas­siert. Ihr müsst drin­gend mal raus aus dem Hamsterrad.”

Für sie sei die Zeit nach der Krank­heit auch ein Neu­start gewe­sen. Sie enga­giert sich heu­te in meh­re­ren Ver­ei­nen, die Krebs­pa­ti­en­tin­nen und ‑Pati­en­ten unter­stüt­zen. Bis vor kur­zem pen­del­te sie noch zwi­schen Ber­lin, wo ihr Freund wohn­te, und Göt­tin­gen, wo sie arbei­te­te. Inzwi­schen ist sie ganz zu ihrem Freund in den Wed­ding gezo­gen. Die bei­den suchen inzwi­schen eine neue, grö­ße­re Woh­nung. Ins Hams­ter­rad, das weiß Judy, will sie jeden­falls nicht zurück. Denn das Leben ist dafür viel zu kurz.

Blog: www.krebstierchen.de, Foto: Wheels of Stil, www.wheelsofstil.de

2 Comments

  1. Freue mich mit Dir Judy und wenn es Dir bald immer bes­ser geht – ver­giss nicht, dass Du Dir vor­ge­nom­men hast JETZT zu leben! Auch wenn die ande­ren dann lang­sam mei­nen, “naja, jetzt ist mal gut, komm mal wie­der run­ter..” sagt Dir eine Krebskollegin.

Schreibe einen Kommentar

Your email address will not be published.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

MastodonWeddingweiser auf Mastodon
@[email protected]

Wedding, der Newsletter. 1 x pro Woche



Unterstützen

nachoben

Auch interessant?