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Gründe für die Stattbad-Schließung

19. Mai 2015
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Stattbad FassadeAuf­grund einer Män­gel­an­zei­ge und Ver­an­stal­tungs­an­kün­di­gun­gen im Inter­net fiel dem Bezirks­amt Mit­te auf, dass das Statt­bad Wed­ding ent­ge­gen der 2012 erteil­ten Bau­ge­neh­mi­gung genutzt wird. Daher wur­den die Nut­zer auf­ge­for­dert, den Zutritt zum Gebäu­de zu ver­hin­dern. Doch wer ist nun eigent­lich schuld an der Schlie­ßung des Statt­ba­des? Eine unkrea­ti­ve Ver­wal­tung – oder gar Men­schen, die dem Statt­bad etwas Böses wollen?

Der Eigen­tü­mer Arne Piep­gras mach­te sich mit dem Ein­fä­deln des Kau­fes des Dra­go­ner­are­als in Kreuz­berg und dem spä­te­ren Rück­zug auch woan­ders kei­ne Freun­de. Wie so oft in Ber­lin hat der Eigen­tü­mer das Gebäu­de sicher mit einer guten Absicht gekauft. Schnell dürf­te er gemerkt haben, dass das Bau­werk Kos­ten erzeugt. Erst recht, als die Gesprä­che mit den Behör­den began­nen, als Auf­la­gen für Flucht­we­ge und Brand­schutz erteilt wur­den. Denn es waren ja eben die Kos­ten, die den Bezirk und das Land ver­an­lass­ten, das Haus zu ver­kau­fen. Das Rota­print-Gelän­de und die Ufer­hal­len sind eben­falls Bei­spie­le, wo sich bald her­aus­stell­te, dass die eige­ne Finanz­de­cke nicht immer aus­reicht. Auf der Suche nach Unter­stüt­zung wen­det man sich dann schnell an den Bezirk, das Land oder den Bund.

Und För­der­mög­lich­kei­ten gibt es vie­le. Sie hei­ßen wirt­schafts­dien­li­che Maß­nah­men, Quar­tiers­ma­nage­ment, Pro­gramm der Akti­ven Zen­tren und Arbeits­markt­för­de­rung. Das Statt­bad nutz­te gleich meh­re­re. Die inter­es­san­tes­te Finan­zie­rungs­idee war viel­leicht der Plan, die vom ehe­ma­li­gen Regie­ren­den Bür­ger­meis­ter Klaus Wowe­reit gewünsch­te Kunst­hal­le in der ehe­ma­li­gen Schwimm­hal­le unterzubringen.

Events oder Sicherheit

Stattbad Klassik (C) Juliane OrsenneDie ein­fachs­te Mög­lich­keit, Geld in die Kas­se zu bekom­men, waren und sind Events und Par­tys. Ist hier nun die Ver­wal­tung die Spaß­brem­se? Wir leben in der Haupt­stadt im Geis­te immer noch in der Zeit des „Wil­den Ostens“, einer Zeit, in der man tun und las­sen konn­te, was man woll­te. In der Krea­tiv­wirt­schaft wünscht man sich das „bewuss­te Weg­se­hen“. Das wird in Ber­lin durch­aus wei­ter prak­ti­ziert. Denn die Haupt­stadt steht für Krea­ti­vi­tät. Vor­aus­ge­setzt, man stört nie­man­den und igno­riert die Regeln nicht grund­sätz­lich. Dar­auf spiel­te das Bezirks­amt mit dem Ver­weis auf das Inter­net auch an. Denn es han­del­te sich nicht um gele­gent­li­che im Statt­bad durch­ge­führ­te Par­tys, son­dern um einen ber­lin­weit bewor­be­nen regel­mä­ßi­gen Veranstaltungsbetrieb.

Stattbad PartyWer die bei­den Bars und Tanz­flä­chen im Kel­ler, die ver­win­kel­ten Gän­ge, die schma­len Türen in den Hof und in den Foy­ers kennt,  kann sich durch­aus Sor­gen über den Brand­schutz machen. Wie hät­ten die Öffent­lich­keit und die Pres­se reagiert, wenn tat­säch­lich ein­mal etwas pas­siert und Panik aus­ge­bro­chen wäre? Dem Bau­stadt­rat und der Ver­wal­tung blieb also nichts ande­res übrig, als den Ver­an­stal­tungs­ort bis auf Wei­te­res zu schlie­ßen.

Das Statt­bad spricht indes­sen davon, atta­ckiert wor­den zu sein. Die Wort­wahl ist hef­tig. Viel­leicht haben sich ein­fach nur ein ehe­ma­li­ger Mit­ar­bei­ter oder ein Gast, der sich mit Ver­an­stal­tungs­or­ga­ni­sa­ti­on aus­kennt, Sor­gen gemacht. Könn­te es sein, dass jemand, der nicht ein­fach weg­sah und Ver­ant­wor­tung über­neh­men woll­te, die Behör­den infor­miert hat? Erstaun­lich ist am Ende nicht, dass das Haus geschlos­sen wor­den ist, erstaun­lich ist es, dass es jetzt erst passierte.

Oder sind wir am Ende nicht alle schuld? Wir wün­schen uns über­all maxi­ma­le Sicher­heit. Wir möch­ten nicht, dass unse­re Klei­der nach dem Besuch einer Bar nach Qualm stin­ken. Eine nächt­li­che Geräusch­ku­lis­se aus Knei­pen und Clubs auf der Stra­ße wird von vie­len als stö­rend emp­fun­den. Eine Gesell­schaft, die die Gesund­heit als ein hohes Gut ansieht, darf sich über ent­spre­chen­de Ver­ord­nun­gen nicht wundern.

weddingweiserredaktion

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11 Comments

  1. äh, ist es nicht ein­fach die schuld des ver­an­stal­ters, der die brand­schutz­ord­nung nicht befolgt hat und damit für spaß und pro­fit bewusst men­schen­le­ben gefähr­det hat? die brand­schutz­re­geln für ver­an­stal­tun­gen haben einen grund, eine wis­sen­schaft­li­che grund­la­ge und schei­nen ange­sichts der weni­gen dra­ma­ti­schen vor­fäl­le recht wirksam.
    der ver­an­stal­ter ver­dient geld damit, die leu­te in ihrer reaktions‑, ori­en­tie­rungs- und urteils­fä­hig­keit ein­zu­schrän­ken – der ver­kauf von alko­hol ist ein wich­ti­ger finan­zi­el­ler fak­tor in der kal­ku­la­ti­on eines abends (man geht allgmn vom finan­zi­el­len gegen­wert von 2–3 bier pro gast aus). viel­leicht soll­ten­wa alle mal ganz froh sein, dass da mit die jan­zen druf­fies noch nüscht pas­siert is?
    ich habe schon nen paar unver­ant­wort­li­che par­ties (unkom­mer­zi­ell!) gemacht und wer­de es nie wie­der tun. nix pas­siert, aber die ver­ant­wor­tung für ver­letz­te oder tote aus fahr­läs­sig­keit oder gier leg ich mir nicht auf lebens­zeit auf die schultern.
    hof­fent­lich wer­den dar­aus kon­se­quen­zen gezo­gen und der/ die ver­an­stal­ter ris­kiert nie wie­der die gesund­heit sei­ner gäste.
    frie­de, freu­de, par­ty­ei­er­ku­chen – allet nur in eurer sei­fen­bla­se, sagen emma, graf k., peter pepp und das wei­ße pony…

  2. “Oder sind wir am Ende nicht alle schuld? Wir wün­schen uns über­all maxi­ma­le Sicher­heit. Wir möch­ten nicht, dass unse­re Klei­der nach dem Besuch einer Bar nach Qualm stin­ken. Eine nächt­li­che Geräusch­ku­lis­se aus Knei­pen und Clubs auf der Stra­ße wird von vie­len als stö­rend emp­fun­den. Eine Gesell­schaft, die die Gesund­heit als ein hohes Gut ansieht, darf sich über ent­spre­chen­de Ver­ord­nun­gen nicht wundern.”

    Sobald irgend­wo mal was pas­siert, wer­den sofort der reflex­ar­tig-empör­ten Bevöl­ke­rung schnel­le Rege­lun­gen prä­sen­tiert. Die empör­te Bevöl­ke­rung ist dann meis­tens ruhig und merkt nicht wie sie sich die Zwangs­ja­cke selbst enger schnürrt. Es wird dann höchs­ten über das Büro­kra­tie-Mons­ter BRD gemeckert.

    Frei­heit stell ich mir anders vor, und muss mir selbst an die Nase greifen…
    Frei­heit bedeu­tet Risiko.

    • sicher­heits­re­geln als stan­dard, um gefah­ren kal­ku­lier­bar zu machen. die gibts schon lan­ge und wur­den nich
      spe­zi­ell für den wed­din­ger hipster­schup­pen aus­sm hut gezau­bert. da gabs auch schon ne wei­le kei­ne wilden
      ver­schär­fun­gen. aber rauch­mel­der, aus­rei­chend gro­ße not­aus­gän­ge und ne flamm­ge­hemm­te deko sind schon
      nen pro­blem, ne?
      risi­ko gibbs immer, aber in nem über­füll­ten raum mit besof­fe­nen und druf­fies über zwangs­ja­cken und bürokratie-
      “monster”(huibuh! angst! gru­se­lig! huhu) bei der brand­schutz­ord­nung zu fan­ta­sie­ren hat schon ne welt­frem­de komponente. 

      P.S. jaja, die eudssr macht uns alle fer­tig und ver­chippt uns zu eidechsenmenschen…mit CHEMTRAILS!

  3. Nach­satz:

    Man könn­te auch auf den Gedan­ken kom­men, dass die ” Brand­schutz-Lob­by ” ein Inter­es­se am Statt­bad hat,

  4. Brand­schutz ist zuneh­mend eine schwie­ri­ge Ange­le­gen­heit, wie ich es aus HH kenne.

    Und war nicht Brand­schutz und ist immer noch ein The­ma beim Flughafen??

    Aber viel­leicht hat die ” Kon­kur­renz ” ande­rer Ver­an­stal­tungs­or­te auf die­sen Miß­stand hingewiesen

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