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Neue Vermieter. Neue Methoden. Was ist los im Brunnenviertel?

11. August 2016
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Mietverhältnis: eine Tür, die sich nicht mehr bewegen lässt. - Foto: Andrei Schnell.
Miet­ver­hält­nis: eine Tür, die sich nicht mehr bewe­gen lässt. – Foto: And­rei Schnell.

Mie­ter im Brun­nen­vier­tel, die einen Ver­wal­ter­wech­sel von der Dege­wo auf die Uni­ver­sa hin­ter sich haben, kla­gen seit län­ge­rem hin­ter vor­ge­hal­te­ner Hand. Nun haben sich eini­ge Mie­ter an den Wed­ding­wei­ser gewandt, um ihre Erfah­run­gen mit der Haus­ver­wal­tung Uni­ver­sa öffent­lich zu machen. Was pas­siert, wenn die pri­va­ten Eigen­tü­mer die Regie über­neh­men, dar­über berich­ten Mie­ter zumin­dest auf dem Wed­ding­wei­ser erstmals.

1. Problem: Mieterhöhung

Die Mie­ter, die dem Wed­ding­wei­ser von ihren Erfah­run­gen mit der Uni­ver­sa berich­ten, zäh­len als ers­tes die Miet­erhö­hun­gen auf. Für eine Woh­nung mit rund 80 Qua­drat­me­tern habe sich die Warm­mie­te in zwei Jah­ren von unter 700 Euro auf fast 900 Euro erhöht. In einem ande­ren Fall inner­halb von zwei Jah­ren von 800 auf über 950 Euro (für eben­falls 80 Qua­drat­me­ter). Bei­de Bei­spie­le betref­fen Mie­ter, die seit fast zehn Jah­ren in ihren Woh­nun­gen leben und sol­che Miet­erhö­hun­gen bis­lang nicht kann­ten. Die Uni­ver­sa habe die Mie­ter­erhö­hun­gen mit dem Miet­spie­gel begrün­det. “Kaum wur­de uns der Wech­sel von Dege­wo auf Uni­ver­sa mit­ge­teilt, da hat­ten wir schon die Miet­erhö­hun­gen”, erzäh­len sie. Ihren Namen wol­len sie nicht öffent­lich machen.

“Und zusätz­lich ver­mie­tet die Uni­ver­sa plötz­lich die PKW-Stell­plät­ze.” 80 Euro wür­de die Haus­ver­wal­tung pro Stell­platz ver­lan­gen. “Ohne Gegen­leis­tung. Es gibt kei­ne Schran­ke, kei­ne Siche­run­gen, kein Dach. Nur einen ein­fa­chen Stellplatz.”

Bei Gesprä­chen der Mie­ter mit der Uni­ver­sa sei auch das Argu­ment gefal­len, die Dege­wo habe ver­säumt, Miet­erhö­hun­gen durch­zu­füh­ren. Des­halb sei es zu den oben genann­ten Sprün­gen gekom­men. So geben es die Mie­ter wieder.

2. Problem: Wer ist zuständig?

Der Schrott muss weg. Dor wer ist zuständig? Foto Andrei Schnell.
Der Schrott muss weg. Dor wer ist zustän­dig? Foto And­rei Schnell.

Wäh­rend die Mie­ter bei der Dege­wo gebe­ten wer­den, ihren liebs­ten Haus­meis­ter zu nen­nen, so erle­ben die Mie­ter der Uni­ver­sa, dass es über­haupt kei­nen Haus­meis­ter mehr gibt. Auch oder des­halb wür­de es lan­ge dau­ern, bis die Haus­ver­wal­tung auf Repa­ra­tur­an­zei­gen reagie­re. So steht zum Bei­spiel eine Tür zum Hof offen. Sie lässt sich nicht mehr bewe­gen. Trotz Mel­dun­gen an die Haus­ver­wal­tung gesche­he nichts.  “Das ist Poli­tik”, sind sich die Mie­ter sicher, “wenn der Mie­ter das Gefühl hat, das sich selbst dar­um nicht mehr geküm­mert wird, dann wird er sich bei klei­ne­ren Sachen sagen: das mache ich lie­ber selber.”

Ein Mie­ter erzählt, für die Repa­ra­tur am DSL-Anschluss sei für den Tech­ni­ker des DSL-Anbie­ters ein Zugang zum Kel­ler not­wen­dig gewe­sen. Trotz mehr­fa­cher Tele­fo­na­te sei der Zugang nicht ermög­licht wor­den. Die zustän­di­ge Ser­vice-Fir­ma, die von der Uni­ver­sa für sol­che Auf­ga­ben beauf­tragt wor­den sei, sei nicht erschienen.

3. Problem: Unterlassene Pflege

Fehlende Pflege. Für die Mieter ein typisches Beispiel. Foto: Andrei Schnell
Feh­len­de Pfle­ge. Für die Mie­ter ein typi­sches Bei­spiel. Foto: And­rei Schnell

Die Mie­ter öff­nen dem Wed­ding­wei­ser das Trep­pen­haus, um den “schlech­ten Zustand” zu zei­gen. Wie auch bei eini­gen Dege­wo-Häu­sern ist das Trep­pen­haus grau statt weiß. Was bei der Dege­wo jedoch wahr­schein­lich nicht zu sehen wäre, ist das Schrott­au­to auf dem Hof. Die Mie­ter erzäh­len, sie hät­ten es auf­ge­ge­ben, auf eine Besei­ti­gung zu drän­gen. Außer­dem gibt es auf dem Hof einen ehe­ma­li­gen Kin­der­spiel­platz. Es han­delt sich um einen Sand­kas­ten mit mor­scher Holz­um­ran­dung. Das Holz scheint seit län­ge­rer Zeit nicht mehr aus­ge­bes­sert wor­den zu sein.

4. Problem: Instandhaltung auf provisorischem Niveau

Selbst wenn es zu Not­fäl­len kom­me, reagie­re die Uni­ver­sa zöger­lich.  Ein Mie­ter erzählt uns, es habe durch Regen einen Was­ser­scha­den in sei­ner Woh­nung gege­ben. Es habe etli­cher Anru­fe bedurft, ehe sich dar­um geküm­mert wor­den sei. Um das Pro­blems grund­sätz­lich zu behe­ben, sei nichts unter­nom­men wor­den. “Dann ist jemand gekom­men und woll­te mit einem Eimer­chen Far­be exakt die klei­ne Flä­che strei­chen”, ärgert sich der Mie­ter. Er hat­te erwar­tet, dass eine fach­ge­rech­te Reno­vie­rung vor­ge­nom­men wird. Außer­dem, so ver­mu­tet der Mie­ter, wird beim nächs­ten Regen wie­der Was­ser durch­drin­gen, weil am Dach nicht getan wor­den sei.

5. Problem: Wer ist eigentlich Eigentümer?

Mieter dieses Hauses kennen den Eigentümer nicht. Foto: Andrei Schnell.
Mie­ter die­ses Hau­ses ken­nen den Eigen­tü­mer nicht. Foto: And­rei Schnell.

Wer im Brun­nen­vier­tel Mie­ter bei der Dege­wo ist, weiß eben­falls nicht, ob die Dege­wo tat­säch­lich Eigen­tü­mer der Woh­nung ist (der­zeit wird dies dar­an ersicht­lich, dass der Mie­ter einer Woh­nung im Eigen­tum der Dege­wo an der Mie­ter­wahl teil­neh­men kann). In der Pra­xis ergibt sich aller­dings sel­ten ein Pro­blem aus der Fra­ge, ob die Dege­wo auch sel­ber Eigen­tü­mer ist. Anders lie­gen die Din­ge, wer im Brun­nen­vier­tel bei der Haus­ver­wal­tung Uni­ver­sa mie­tet. Mie­ter kön­nen nicht erken­nen, wer der eigent­li­che Eigen­tü­mer ist. “Die Rechts­kon­struk­tio­nen sind oft so ver­schach­telt, dass wir nicht wis­sen, wer wirk­lich hin­ter den GmbHs steckt.”

6. Hintergrund

Die lan­des­ei­gene­ne Woh­nungs­bau­ge­sell­schaft Dege­wo ist im Brun­nen­vier­tel der­zeit größ­ter Ver­mie­ter. Tei­le ihres Bestan­des gibt die Dege­wo nach und nach an den pri­va­ten Markt ab. Sie trennt sich von Woh­nun­gen, die sich nicht in ihrem Eigen­tum befin­den, son­dern nur betreut werden.

Das Brun­nen­vier­tel war das größ­te Flä­chen­sa­nie­rungs­ge­biet in Ber­lin – Kri­ti­ker spre­chen von Kahl­schlag­sa­nie­rung. In den 60er, 70er und auch noch in den 80er Jah­ren ent­stan­den tau­sen­de Neu­bau-Woh­nun­gen, die über den so genann­ten sozia­len Woh­nungs­bau finan­ziert wur­den. Lau­fen die För­der­zei­ten aus, dann endet für eini­ge Woh­nun­gen nicht nur die Sozi­al­bin­dung, son­dern auch die Ver­wal­tung durch die Degewo.

Die Uni­ver­sa Haus­ver­wal­tungs GmbH ver­mie­tet für pri­va­te Inves­to­ren erheb­li­che Woh­nungs­be­stän­de im Brun­nen­vier­tel. Grö­ße­re lan­des­ei­ge­ne Ver­mie­ter im Brun­nen­vier­tel sind die Ges­obau mit 330 Woh­nun­gen und die Ber­li­no­vo Immo­bi­li­en Gesell­schaft mbH. Genos­sen­schaft­li­che Ver­mie­ter sind die Ber­li­ner Bau­ge­nos­sen­schaft mit 243 Woh­nun­gen und der Vater­län­di­sche Bau­ver­ein e.G.

PS: Der Wed­ding­wei­ser bat die Uni­ver­sa Haus­ver­wal­tung um eine Stel­lung­nah­me. Bis­lang wur­de noch kei­ne Ant­wort über­mit­telt, es wur­de um Geduld gebeten.

LINKS

Uni­ver­sa-Haus­ver­wal­tung

Text und Fotos: And­rei Schnell

Andrei Schnell

Meine Feinde besitzen ein Stück der Wahrheit, das mir fehlt.

8 Comments

  1. Nun, ich woh­ne nun schon 17 Jah­re im Brun­nen­vier­tel und bin seit eini­gen Jah­ren auch Mie­ter der UNIVERSA.
    Ja, die UNIVERSA hat die Mie­ten doch recht schnell hoch­ge­schraubt, aber dage­gen kann man sich auch weh­ren, näm­lich indem man zum Bei­spiel die Umla­gen­ab­rech­nun­gen über­prü­fen lässt, bei andau­ern­den Män­geln die Mie­te kürzt oder auch für die eige­ne Woh­nung die orts­üb­li­che Ver­gleichs­mie­te prüft / prü­fen lässt.
    Die höhe­ren Mie­ten, wel­che auch beim Woh­nungs­be­stand der dege­wo zu ver­zeich­nen sind, hat­ten den posi­ti­ven Effekt, dass eine bestimm­te Pro­blem­kli­en­tel ihre Woh­nun­gen geräumt haben / räu­men muss­ten, und die dege­wo hat in den letz­ten Jah­ren auch vie­le Mie­ter die­ser Kli­en­tel aus ihren Woh­nun­gen im Brun­nen­vier­tel rausgeschmissen.
    Die Ver­schmut­zun­gen, sowie die teil­wei­se mas­si­ven Abnut­zun­gen in den Woh­nun­gen und an / in den Häu­sern, sind in vie­len Fäl­len eben von die­ser Pro­blem­kli­en­tel ver­ur­sacht wor­den, die meist einer bestimm­ten Her­kunft ist.
    Jetzt wird bestimmt wie­der die Nazi­keu­le her­aus­ge­holt, weil dies eine unbe­que­me Wahr­heit ist, aber es ist eben die Wahrheit.
    Wie oft habe ich gese­hen, wie Mie­ter die­ser Her­kunft bzw. deren Kin­der aus den Fens­tern gespuckt oder da Sachen her­aus­ge­wor­fen haben, wäh­rend unten Fuß­gän­ger vorbeigingen.
    Auch das Voll­spu­cken des Bodens am Haus­ein­gang, das teil­wei­se mas­si­ve Fal­len­las­sen irgend­wel­cher Scha­len, das Ver­ru­ßen und zer­krat­zen von (Fahr­stuhl-) Wän­den ist in / an den Häu­sern, wo die­se Kli­en­tel wohnt, kei­ne Seltenheit.
    Es sind auch die­se Leu­te bzw. meist ihre Jugend­li­chen Kin­der, die vor Haus­ein­gän­gen bzw. gene­rell in der Gegend her­um­lun­gern, am Vin­eta­platz (auf den Spiel­plät­zen!!!) ganz offen ihre Joints rau­chen, und man könn­te mei­nen, die­se Leu­te ver­bin­gen ihr Leben in ihrem Kiez, so als ob Ber­lin nur aus dem Stadt­teil Gesund­brun­nen besteht, was einer gewis­sen Arm­se­lig­keit gleichkommt.
    Jetzt sagen viel­leicht eini­ge, dann zieh doch weg, aber es ist nicht ein­zu­se­hen, dass man 50% – 60%+ von sei­nem Gehalt nur für die Mie­te aus­ge­ben muss, nur damit man unter eini­ger­ma­ßen nor­ma­len Men­schen leben kann.
    Wie krass die Gegen­sät­ze sind, zeigt der Ver­gleich zwi­schen dem Brun­nen­vier­tel und dem Prenz­lau­er Berg, wenn man die Ber­nau­er Stra­ße als Gren­ze nimmt.
    Auf der ande­ren Sei­te, am Arko­na­platz, an der Kas­ta­ni­en­al­lee, an der Schwed­ter Stra­ße usw., ist eine voll­kom­men ande­re Welt, wo die Men­schen sich nor­mal ver­hal­ten, sich dyna­misch und ziel­ge­rich­tet bewe­gen und VOR ALLEM frem­de Men­schen in Ruhe lassen.
    Dass das unter ande­rem im Brun­nen­vier­tel meist ganz anders ist, soll­te einem, vor allem bezüg­lich einer bestimm­ten Kli­en­tel, sehr zu den­ken geben.
    Abschlie­ßend möch­te ich noch erwäh­nen, dass ich natür­lich nicht alle Men­schen die­ser einen bestimm­ten Her­kunft über einen Kamm sche­ren möch­te, nur ist aber lei­der genau bei die­sen Leu­ten sehr, sehr oft ein nicht sozia­les Ver­hal­ten zu sehen, was auch im Brun­nen­vier­tel zu einer gewis­sen Frem­den­feind­lich­keit geführt hat.

    .

  2. Ich habe Angst vor dem was kom­men mag – woh­ne auch in einem “nicht-dege­wo-Haus”. Wenn Uni­ver­sa das Haus über­nimmt zie­he ich weg – auch wenn ich sehr ger­ne hier woh­ne. Denn ich sehe was aus den Häu­sern wird, die Uni­ver­sa “betreut”..

  3. Außer der Uni­ver­sa Haus­ver­wal­tung GmbH
    Die Gesell­schaft ist zum Bilanz­stich­tag an einer Kom­man­dit­ge­sell­schaft als Kom­ple­men­tä­rin betei­ligt. Aus die­ser Betei­li­gung resul­tie­ren sons­ti­ge finan­zi­el­le Ver­pflich­tun­gen aus der gesamt­schuld­ne­ri­schen Haf­tung. Bei Inan­spruch­nah­me der Uni­ver­sa Hausverwaltungsgesell­schaft mbH, Ber­lin, bestehen Aus­gleichs­an­sprü­che gemäß §§ 421 und 426 BGB.
    Und dann gibt es auch noch eine
    UNIVERSA Haus­ver­wal­tungs­ge­sell­schaft mbH & Co. Com­mer­cial KG:
    Die Uni­ver­sa Haus­ver­wal­tungs­ge­sell­schaft mbH, Ber­lin, ist die per­sön­lich haf­ten­de Gesell­schaf­te­rin. Ihr gezeich­ne­tes Kapi­tal beträgt € 25.666,85. Sie ist an der Gesell­schaft kapi­tal­mä­ßig nicht beteiligt. 

    und 2013 gab es auch noch eine:
    UNIVERSA Haus­ver­wal­tungs­ge­sell­schaft mbH & Co. Grund­be­sitz KG
    Berlin
    Die Uni­ver­sa Haus­ver­wal­tungs­ge­sell­schaft mbH, Ber­lin, ist die per­sön­lich haf­ten­de Gesell­schaf­te­rin. Ihr gezeich­ne­tes Kapi­tal beträgt € 25.666,85. Sie ist an der Gesell­schaft kapi­tal­mä­ßig nicht betei­ligt und von der Geschäfts­füh­rung ausgeschlossen

  4. da ich die Gene­ra­ti­on Haus­be­set­zung bin, kann ich nicht an mich hal­ten: so und genau­so, war es Anfang der 80er in der Butt­mann­stra­ße, Prin­zen­al­lee, Putt­bus­ser Stra­ße und Gro­nin­ger Str., Hus­si­ten­stra­ße und Ackerstraße…ihr erin­nert euch?
    Dann wird’s wohl Zeit, dass die vie­len Woh­nungs­su­chen­den Stu­den­ten, Flücht­lin­ge und ande­ren Men­schen ihre Visio­nen wie­der ein­mal auf spe­ku­la­ti­ons­ge­fähr­de­tes Mie­tei­gen­tum legen.
    Häu­ser beset­zen soll­te nicht aus der Mode kom­men, auch wenn es manch absto­ßen­des Bei­spiel gab… es gibt immer eine Viel­falt und auch bei Men­schen die den Häu­ser­kampf gestal­tet habe, gab es sol­che und solche…ganz wie im ech­ten Leben…
    Wenn Ihr es nicht anpackt, müs­sen wir die alten Tat­ter­grei­sIn­nen der 80 er akti­vie­ren: das wird hart…lach

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