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Coworking im Wedding: Suche Schreibtisch ohne Büro

17. Februar 2015
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supermarktStudios2Neu­lich beim Kaf­fee­trin­ken, wir saßen bei Apfel­ku­chen und Fil­ter­kaf­fee am Fami­li­en­tisch, stand ich plötz­lich im Mit­tel­punkt des Inter­es­ses: Und was macht die Arbeit? Frag­te mei­ne Oma. „Ich habe ges­tern im Super­markt gear­bei­tet“, sag­te ich. Mei­ne Oma ist über 80 Jah­re alt, weiß aber genau, dass ich kei­ne Ver­käu­fe­rin bin son­dern Jour­na­lis­tin. Ich stach mit der Gabel ein wei­te­res Stück des Kuchens ab und ver­such­te eine Erklä­rung: „Die Super­markt Stu­di­os sind ein Cowor­king Space. Alle reden doch vom Cowor­king und da woll­te ich es ein­fach mal aus­pro­bie­ren.“ Ihr Gesichts­aus­druck ließ mich inne­hal­ten. Cowor­king was? Neu­gie­rig und ein wenig rat­los schau­te sie mich an wäh­rend sie mir Kaf­fee nach­schenk­te und auf eine Erklä­rung wartete.

Gern hät­te ich Ela in die­sem Moment an mei­ner Sei­te gehabt. Ela Kagel und mei­ne Oma wür­den sich gut ver­ste­hen, auch wenn sie in sehr ver­schie­de­nen Wel­ten zuhau­se sind. Oma in ihrem Haus mit dem gro­ßen Gar­ten vor den Toren der Stadt, dem ruhi­gen Leben ohne Inter­net. Ela dage­gen wech­selt inner­halb von Sekun­den von Deutsch zu Eng­lisch, von Twit­ter zu Face­book mit Han­dy am Ohr, orga­ni­siert, spricht mit Künst­lern und Men­schen aus der Krea­tiv­wirt­schaft: bei ihr lau­fen die Dräh­te heiß.

Ela Kagel und mei­ne Oma lie­ben den Aus­tausch, bei­de sind offe­ne, auf­merk­sa­me und sehr net­te Gast­ge­ber, ich füh­le mich bei bei­den wohl. Sie wür­den sich gut ver­ste­hen. Doch Ela hat kei­ne Zeit. Gera­de jetzt wuselt sie in der Brun­nen­stra­ße her­um, sitzt sicher im Super­markt-Stu­dio 2 oder 3 an einem der Schreib­ti­sche und orga­ni­siert das, was ich nun mei­ner Oma erklä­ren will: Cowor­king – moder­ne Büro­ge­mein­schaf­ten an gemie­te­ten Schreibtischen.

Trend aus den USA ist längst im Wed­ding angekommen

Cowor­king ist ins­be­son­de­re in den USA ver­brei­tet. In Deutsch­land gibt es unge­fähr 230 Cowor­king-Büro­ge­mein­schaf­ten, in Ber­lin sind es etwa 50. Der Trend ist in den letz­ten Jah­ren auch im Wed­ding ange­kom­men. Ins­be­son­de­re Frei­be­ruf­ler, Krea­ti­ve, klei­ne Unter­neh­men und so genann­te digi­ta­le Noma­den nut­zen die Arbeits­plät­ze und die dazu­ge­hö­ri­ge Infra­struk­tur in den Super­markt Stu­di­os im Brun­nen­vier­tel, im Statt­bad Wed­ding in der Gericht­stra­ße, in der Alten Kan­ti­ne in der Ufer­stra­ße, im Raum­tei­ler in der Tür­ken­stra­ße und in vie­len wei­te­ren Gemeinschaftsbüros.

In den Super­markt-Stu­di­os bedeu­tet Cowor­king: ein schlich­ter Schreib­tisch, eine sil­ber­ne Schreib­tisch­lam­pe, ein Dreh­stuhl, ein Papier­ab­la­ge­fach in Sil­ber, eine Steck­do­se, Scan­ner, Kopie­rer, draht­lo­ses Inter­net. Dazu Was­ser, ein Sofa, hüb­sche Bil­der an den Wän­den, ein Bespre­chungs­raum neben­an, ein frei­er Blick durch raum­ho­he Fens­ter auf die Brun­nen­stra­ße. Ela nennt das Gale­rie-Arbeits­platz. An den ver­mie­te­ten Schreib­ti­schen sit­zen Archi­tek­ten, Kul­tur­wis­sen­schaft­ler, Anwäl­te, mit ver­schie­dens­ten Pro­jek­ten beschäf­tig­te Büro­men­schen. Sie kön­nen ihr Mini-Büro an allen Tagen in der Woche zu jeder Tages- und Nacht­zeit nut­zen. Mit­ten­drin hat Ela Kagel ihren Platz. Die freie Kura­to­rin und Pro­du­zen­tin orga­ni­siert von dort auch die Akti­vi­tä­ten im Ver­an­stal­tungs­saal Super­markt in der Brun­nen­stra­ße 64 ein paar Häu­ser weiter.

Mei­ne Oma schaut mich wei­ter fra­gend an. Sie hat noch nie etwas von Cowor­king gehört, ihr Arbeits­le­ben liegt 20 Jah­re zurück. „Cowor­king bedeu­tet, dass man einen Büro­ar­beits­platz mie­ten kann. Dort hat man alles, was man braucht und muss nicht ein gan­zes Büro zah­len“, sage ich end­lich. Über Omas Gesicht huscht ein Lächeln. „Na dann kommst du end­lich mal unter Leu­te, Mädel!“

Die Super­markt Stu­di­os sind schon lan­ge geschlos­sen. Cowor­king gibt es im Wed­ding dafür inzwi­schen umso mehr: Cor­wor­king im Wedding

Text und Foto: Domi­ni­que Hensel

Dominique Hensel

Dominique Hensel lebt und schreibt im Wedding. Jeden zweiten Sonntag gibt sie hier den Newsüberblick für den Stadtteil. Die gelernte Journalistin schreibt für den Blog gern aktuelle Texte - am liebsten zu den Themen Stadtgärten, Kultur, Nachbarschaft und Soziales. Hyperlokal hat Dominique es auf jeden Fall am liebsten und beim Weddingweiser ist sie fast schon immer.

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