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25 Jahre Mauerfall: Theater in den Unterwelten

8. Oktober 2014

25JahreMauerfallNeun Meter unter der Ber­nau­er Stra­ße ist es dun­kel und kalt und stau­big. Doch Hoff­nung treibt die Men­schen immer wei­ter vor­an durch die Fins­ter­nis in die ande­re Welt, nach West-Ber­lin. Vor 50 Jah­ren wur­de der Flucht­tun­nel unter der Ber­li­ner Mau­er nur vom Schein der Taschen­lam­pen erhellt. Im Novem­ber formt Jona­than Groth an zehn Aben­den einen Tun­nel aus Licht in das Gewöl­be der ehe­ma­li­gen Oswald-Braue­rei. Das Thea­ter in den Unter­wel­ten nimmt zum 25. Jah­res­tag des Mau­er­falls das Stück „Im Tun­nel“ von Kai-Uwe Kohl­schmidt wie­der auf. Die Pre­mie­re fin­det am 1. Novem­ber um 20 Uhr im Thea­ter in den Unter­wel­ten, Ber­nau­er Stra­ße 143 statt. Wer sich das Stück anschau­en möch­te, soll­te sich bereits jetzt eine der weni­gen Kar­ten reservieren.

theater_tunnel1Um die Sicht müs­sen sich die Zuschau­er des Thea­ter­stücks trotz des unge­wöhn­li­chen Schau­plat­zes unter der Stadt nicht sor­gen, wohl aber um die Käl­te. Da es in den alten Gewöl­ben, in denen die Auf­füh­rung statt­fin­det, recht kalt ist, wird drin­gend zu einer war­men Jacke gera­ten. Noch ein Detail ist zu beach­ten: das Thea­ter ist nicht bar­rie­re­frei. Dafür kann die Geschich­te an einem authen­ti­schen Ort gezeigt wer­den, denn die Ber­nau­er Stra­ße war zwi­schen 1961 und 1973 ein Brenn­punkt der Tun­nel­fluch­ten zur Zeit des Kal­ten Krieges.

Die Geschich­te greift genau die­sen his­to­ri­schen Hin­ter­grund auf und erwei­tert ihn in die heu­ti­ge Zeit: Die Asyl­rich­te­rin Anna (Katha­ri­na Groth) wird mit dem geheim­nis­vol­len Fall der Syrie­rin Naida (Momo Kohl­schmidt) kon­fron­tiert. Wäh­rend der Befra­gung begeg­net die Rich­te­rin plötz­lich ihrer eige­nen Geschich­te; als Baby hat sie in den 60er Jah­ren ihre Eltern in einem Ber­li­ner Flucht­tun­nel ver­lo­ren. Das sechs­köp­fi­ge Ensem­ble um Regis­seu­rin Momo Kohl­schmidt ent­wi­ckelt die Geschich­ten den bei­den Frau­en und des ver­ra­te­nen Flucht­tun­nels in einem beängs­ti­gend rea­lis­ti­schen Umfeld und in beklem­men­der Enge. Wie im Traum mischen sich die Cha­rak­te­re, die Figu­ren wech­seln die Per­spek­ti­ve und kom­men zurück zu sich selbst, wobei für bei­de immer zwei Fra­gen im Raum ste­hen: Wer bin ich? Wo bin ich?

Das Stück „Im Tun­nel setzt die Geschich­te der Tun­nel­flücht­lin­ge mit aktu­el­len Flücht­lings­fra­gen in Bezug. Rea­le Nach­kriegs­ge­schich­te und Fik­ti­on tref­fen auf­ein­an­der. Das Stück ver­wen­det Pup­pen­spiel­ele­men­te und Zeit­zeu­gen­auf­nah­men, Schau­spiel und Video­pro­jek­tio­nen und nimmt die Zuschau­er mit auf eine ein­drucks­vol­le Rei­se in die Zeit der deut­schen Tei­lung. „Die Geschich­te von Men­schen, die unglaub­li­che Gefah­ren auf sich neh­men, die Flucht aus ihrer Hei­mat antre­ten, um in Frei­heit und Demo­kra­tie zu leben“, beschreibt der Ver­ein Ber­li­ner Unter­wel­ten das Thea­ter­stück. Indem die Geschich­te der Tun­nel­fluch­ten aus der DDR mit dem zeit­ge­nös­si­schen Schick­sal der syri­schen Frau ver­webt wird, regt das Stück dazu an, sich über die Geschich­te der DDR-Flücht­lin­ge hin­aus mit aktu­el­len Fra­gen von Flucht und Ver­trei­bung auseinanderzusetzen.

Der Ver­ein Ber­li­ner Unter­wel­ten e.V., Gesell­schaft zur Erfor­schung und Doku­men­ta­ti­on unter­ir­di­scher Bau­ten mit Sitz am Bahn­hof Gesund­brun­nen hat­te die Idee zu „Im Tun­nel“. Nach der Auf­ar­bei­tung der Flucht­ge­schich­ten an der Mau­er mit einem Audio­weg „Flucht Tun­nel“ durch Kai-Uwe Kohl­schmidt und dem gleich­na­mi­gen Hör­buch hat­te der Ver­ein den Autor gebe­ten, ein Thea­ter­stück zum glei­chen The­ma zu erar­bei­ten. Das Stück hat­te im Mai 2013 Pre­mie­re. Es fei­er­te eine erfolg­rei­che Urauf­füh­rung und erfreu­te sich kom­plett aus­ver­kauf­ter Vor­stel­lun­gen. Das bevor­ste­hen­de Mau­er­fall-Jubi­lä­um ist nun der Grund, das Stück im Unter­grund wie­der aufzuführen.

www.theater-in-den-unterwelten.de

Text: Domi­ni­que Hen­sel, Foto: Thea­ter in den Unterwelten

Dominique Hensel

Dominique Hensel lebt und schreibt im Wedding. Jeden zweiten Sonntag gibt sie hier den Newsüberblick für den Stadtteil. Die gelernte Journalistin schreibt für den Blog gern aktuelle Texte - am liebsten zu den Themen Stadtgärten, Kultur, Nachbarschaft und Soziales. Hyperlokal hat Dominique es auf jeden Fall am liebsten und beim Weddingweiser ist sie fast schon immer.

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