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Welcome and Goodbye: Wenn sich Berliner und Touristen eine Stadt teilen

31. Mai 2014
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Die Tou­ris­ten lie­ben Ber­lin, und Ber­lin liebt die Tou­ris­ten. Eigent­lich. Doch wenn immer mehr Roll­kof­fer den Bür­ger­steig ent­langk­la­ckern, plötz­lich ori­en­tie­rungs­lo­se Nut­zer von Feri­en­woh­nun­gen nachts vor der Haus­tür ste­hen und man­cher Ber­li­ner sich wie ein Zoo­tier beob­ach­tet und foto­gra­fiert fühlt, wird die Offen­heit der Bewoh­ner die­ser Stadt auf eine har­te Pro­be gestellt. Ein sehens­wer­ter Film beleuch­tet die vie­len Sei­ten des Konflikts.

25 Mil­lio­nen Über­nach­tun­gen zähl­ten Ber­lins Hotels, Hos­tels und Pen­sio­nen im Jahr 2013. Die Flut an Gäs­ten aus aller Her­ren Län­der löst bei Tou­ris­mus­ma­na­gern Freu­de aus. Besu­cher, die den Reiz der im Krieg zer­stör­ten, geteil­ten und wie­der­ver­ei­nig­ten Stadt schät­zen, hat es natür­lich immer gege­ben. Man­cher Tou­rist ist ein­fach geblie­ben und selbst Ber­li­ner gewor­den. Doch seit ein paar Jah­ren wer­den auch Stadt­tei­le Ber­lins wie Kreuz­berg oder Neu­kölln von Tou­ris­ten domi­niert, auf die die­se frü­her allen­falls aus dem Bus­fens­ter geschaut hät­ten. Im Wed­ding ist die­ses Phä­no­men im Moment noch ver­gleichs­wei­se schwach ausgeprägt.

Zimmer im Jugendgästehaus am Nordufer Berlin Wedding
Im Jugend­gäs­te­haus Nordufer

Schon der Titel des Doku­men­tar­films “Wel­co­me and Good bye” bringt zum Aus­druck, wie viel Wider­sprüch­li­ches bei die­sem The­ma unter einen Hut gebracht wird. Der über Crowd­fun­ding finan­zier­te Film von Nana A.T. Reb­han ver­sucht Ber­li­ne­rin­nen und Ber­li­ner zu Wort kom­men zu las­sen, die auf unter­schied­li­che Wei­se vom Tou­ris­ten­boom betrof­fen sind. Auch unter­nimmt er den Ver­such, die Anzie­hungs­kraft der Stadt in Wor­te zu fas­sen. Wie ein roter Faden zieht sich eine fik­ti­ve Geschich­te eines Ber­li­ners durch den Film, der unter­schied­li­che Arten von Tou­ris­ten ken­nen­lernt und durch die Stadt beglei­tet – auch in den Club Brun­nen 70 im Wedding.

Doch der Kon­flikt ist nicht lös­bar. Jeder ist woan­ders selbst unge­wollt oder bewusst Tou­rist. Jeder Frem­de ver­än­dert den Ort, den er besucht, und jeder Ort wird durch die Anwe­sen­heit von Frem­den berei­chert. Die Fra­gen, die der Film auf­wirft, ken­nen ande­re Welt­städ­te natür­lich auch. Eine klu­ge Poli­tik nimmt aber die Pro­ble­me ernst und ver­sucht, die Fol­gen des rasan­ten Tou­ris­mus­booms so erträg­lich wie mög­lich zu hal­ten. Wenn sich Ber­li­ner und Tou­ris­ten eine Stadt tei­len, muss eine fried­li­che Koexis­tenz mög­lich sein. Übri­gens kön­nen sich auch aus­län­di­sche Tou­ris­ten, die sich für die Bewoh­ner Ber­lins inter­es­sie­ren, den Film anschau­en – er ist mit eng­li­schen Unter­ti­tel versehen.

Der Film läuft im Kino Cen­tral und im Moviemento.

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Joachim Faust

hat 2011 den Blog gegründet. Heute leitet er das Projekt Weddingweiser. Mag die Ortsteile Wedding und Gesundbrunnen gleichermaßen.

2 Comments

  1. Was machen eigent­lich die Ber­li­ner wenn sie in Afri­ka, Asi­en oder Süd­ame­ri­ka sind??? Wer­den da die Bewoh­ner nicht auch wie Zoo­tie­re angestarrt?

    Und was sol­len wohl die Pari­ser sagen, mit gera­de 2,2 Mill. Einwohner:

    http://www.welt.de/reise/staedtereisen/article108772794/Paris-ist-weltweit-das-Touristenziel-Nummer-eins.html

    Und was sagen die Ber­li­ner wenn die Chi­ne­sen nach Ber­lin kommen:

    Daher:

    Jeder ist mal irgend­wann irgend­wo Tou­rist. Und: Die Stadt gehört allen!

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