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“Urmurks”: Schön und bestimmt nicht massentauglich

5. September 2013
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Heizlüfter Modell Blue Velvet (C) Urmurks
Heiz­lüf­ter Modell Blue Vel­vet © Urmurks

Gera­de hat mir Bern­hard Zarnec­kow erklärt, dass sei­ne Pro­duk­te ein Blick­fang sind und vor allem durch ihre Ein­zig­ar­tig­keit Auf­se­hen erre­gen. Und genau das pas­siert prompt, als er in dem Café, in dem wir uns tref­fen, auf den Schal­ter des roten Gerä­tes drückt. “Ist ja geni­al, ein Staub­sauger, der Musik macht!” Die Café-Inha­be­rin ist begeis­tert von der uner­war­te­ten Musik-Beschal­lung durch Elektro-Swing.

Bernhard ZarneckowAnge­fan­gen hat alles auf einem klei­nen Hin­ter­hof-Floh­markt in der Mül­lerstra­ße. Dort ent­deck­te der 33-Jäh­ri­ge einen alten Heiz­lüf­ter. In das ele­gant design­te Gerät hat sich der gebür­ti­ge Ber­li­ner, der im bür­ger­li­chen Süd­wes­ten der Stadt auf­ge­wach­sen ist, sofort ver­liebt. Tech­nik begeis­ter­te ihn sowie­so schon immer. Bern­hard hat zunächst eine Aus­bil­dung zum Indus­trie­me­cha­ni­ker absol­viert und im BMW-Motor­rad­werk in Span­dau gear­bei­tet. “Doch 50 Jah­re am Fließ­band ste­hen konn­te ich mir nicht vor­stel­len”, erzählt er. Nach einer Aus­bil­dung zum Assis­ten­ten für Pro­dukt­de­sign war der Schritt zum ent­spre­chen­den Stu­di­um an der FH Pots­dam nahe­lie­gend. “Aber stu­die­ren, um letzt­lich nur einen Auto-Tür­griff für eine gro­ße Fir­ma zu ent­wer­fen, war mir am Ende dann doch zu wenig künst­le­risch”, erläu­tert Bern­hard. Alten, ästhe­tisch hoch­wer­ti­gen Pro­duk­ten aus Omas Dach­bo­den neu­es Leben ein­zu­hau­chen – das liegt ihm schon eher.

Das hat garantiert sonst niemand

Red Baron (C) Urmurks
Red Baron © Urmurks

“Eine har­mo­ni­sche Ver­bin­dung der alten Form­spra­che mit einer indi­vi­du­el­len Klang­far­be soll Emo­tio­nen wecken”, glaubt Bern­hard.  Es ist nicht unbe­dingt High-End-Sound, den die Klang­kör­per am Ende erzeu­gen. Es kom­me aber vor allem auf ein cha­rak­te­ris­ti­sches Gesamt­bild an. “An einem iPho­ne mit ein­gra­vier­tem Namen ist doch nichts Indi­vi­du­el­les”, sagt er. “Mei­ne Kun­den suchen einen ech­ten Gegen­ent­wurf zur Mas­se.” So kommt es, dass sich häu­fig Krea­ti­ve von den Objek­ten ange­spro­chen füh­len, wie ein Foto­graf, der für Foto­ses­si­ons im Grü­nen die etwas ori­gi­nel­le­re Art einer musi­ka­li­schen Unter­ma­lung brauch­te. Genau dafür sind die URM­URKS-Ein­zel­stü­cke gedacht. Es gibt sie als frü­he­re Heiz­lüf­ter mit Netz­teil für zu Hau­se (ca. 95 – 200 Euro) oder als ent­kern­te Staub­sauger zum Mit­neh­men nach drau­ßen (ca. 200 Euro).

Bewusst kaufen

Bernhard Zarneckow
Das neue Innen­le­ben des Staubsaugers

“Upcy­cling”, alten bereits her­ge­stell­ten Pro­duk­ten ein neu­es Leben und eine neue Funk­ti­on ein­zu­hau­chen, liegt der­zeit im Trend. In Zei­ten schwin­den­der Res­sour­cen und immer ein­falls­lo­se­rem Design sind Pro­duk­te wie die von URMURKS ech­te Hin­gu­cker, jedoch ohne ver­steck­te tech­ni­sche Spie­le­rei­en. Wäh­rend unse­res Gesprächs hat der Tüft­ler den alten Sie­mens-Staub­sauger eins, zwei, fix zer­legt. “Mei­ne Objek­te ent­hal­ten Boxen, einen Ver­stär­ker und nur einen Ein-/Aus-Schal­ter”, beschreibt Bern­hard sein mini­ma­lis­ti­sches Kon­zept. An die nost­al­gi­schen Gerä­te wer­den Smart­phones oder MP3-Play­er ange­schlos­sen. Zwei Jah­re Garan­tie gibt es für die Ein­zel­stü­cke auch.

Der Name URMURKS passt zum Wed­ding, wo die abge­leg­ten Gerä­te auch ihr zwei­tes Leben bekom­men. “Murks steht für Unfer­ti­ges, Feh­ler­haf­tes”, beschreibt Bern­hard. “Jeden­falls haben die Gerä­te ihre Spu­ren, man soll sehen, sie haben vie­le Jahr­zehn­te auf dem Buckel…” Genau so emp­fin­det der Pro­dukt­de­si­gner auch sei­nen Wohn­ort – alles ande­re als glatt­ge­bü­gelt und glän­zend, vol­ler Kon­tras­te und über­ra­schen­der Ideen. Wer woll­te da noch bezwei­feln, dass auch der einst von vie­len abge­schrie­be­ne Wed­ding gera­de eine Renais­sance erlebt – ganz wie die aus­ge­dien­ten Haus­halts­ge­rä­te von URMURKS?

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Links:

URM­URKS-Web­site: Objek­te sind in ver­schie­de­nen Läden und auf Märk­ten erhältlich

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Joachim Faust

hat 2011 den Blog gegründet. Heute leitet er das Projekt Weddingweiser. Mag die Ortsteile Wedding und Gesundbrunnen gleichermaßen.

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